Mit der Scheidung wird die Ehe aufgelöst. Vom Scheidungsantrag bis zum Scheidungsurteil des Familiengerichts bestimmen eine Reihe von Details den Ablauf einer Scheidung. Da eine Scheidung im Leben der Ehegatten ein einschneidendes Ereignis darstellt und ein Scheidungsverfahren nichts Alltägliches ist, ist es hilfreich, den Ablauf einer Scheidung zu kennen. Wer die Abläufe kennt, kann frühzeitig die Weichen stellen und die Scheidung strategisch beeinflussen.
Das Wichtigste in Kürze
- Um die Scheidung zu beantragen, muss das Trennungsjahr vollzogen sein.
- Will ein Ehegatte die Scheidung einreichen, ist die anwaltliche Vertretung verpflichtend.
- Mit der Zustellung des Scheidungsantrags an den Ehegatten als Antragsgegner wird das Verfahren rechtshängig.
- Verständigen sich die Ehegatten auf eine einvernehmliche Scheidung, lässt sich das Verfahren erheblich schneller, kostengünstiger und emotional am wenigsten belastend durchführen, während bei der streitigen Scheidung die Verfahrensdauer davon abhängt, in welcher Intensität die Ehegatten streiten.
Inhaltsverzeichnis
Ablauf einer Scheidung im Überblick (Infografik)
Scheidung beginnt mit dem Trennungsjahr
Will ein Ehepartner die Scheidung einreichen, muss das Paar das Trennungsjahr vollzogen haben. Das Trennungsjahr ist eine Art Bedenkzeit. Beide Partner sollen sich darüber klar werden, ob die Ehe wirklich gescheitert ist oder vielleicht doch noch Aussichten bestehen, die Ehe fortzusetzen.
In der anwaltlichen Praxis wird der Scheidungsantrag wegen der oft andauernden Klärung der Rentenkonten zur Durchführung des Versorgungsausgleichs (Ausgleich der Rentenanwartschaften) gerne wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht eingereicht. Bis zum Scheidungstermin ist das Trennungsjahr dann meist verstrichen. Falsche Angaben zum Trennungsjahr begründen jedoch das Risiko, dass das Familiengericht den Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweist.
Wann Scheidung ohne Trennungsjahr möglich?
In Ausnahmefällen kann auf das Trennungsjahr verzichtet werden, wenn die Fortsetzung für den Ehegatten aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Voraussetzung ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Ehegatten, das es unzumutbar erscheinen lässt, die Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahres auch nur formal noch fortbestehen zu lassen. Siehe dazu: Härtefallscheidung
Scheidung ohne Anwalt nicht möglich
Der Scheidungsantrag kann nur über einen Rechtsanwalt beim Familiengericht eingereicht werden. Es besteht Anwaltszwang. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht ist Vertretung durch einen Anwalt Pflicht. Derjenige Ehepartner, der nicht anwaltlich vertreten ist, kann bei Gericht keine Anträge stellen und nicht verhandeln. Eine Scheidung ohne Anwalt ist grundsätzlich nicht möglich.
Gemeinsamer Anwalt für beide Ehepartner?
Im Scheidungsverfahren gibt es keinen gemeinsamen Anwalt, der beide Ehepartner vertreten kann. Anwälte sind Interessenvertreter ihrer Mandanten. Wegen des potentiell bestehenden Interessenkonflikts kann ein Anwalt immer nur einen Ehepartner vertreten. Suchen die Ehegatten gemeinsam einen Anwalt auf, kann der Anwalt allenfalls darauf hinwirken, dass die Partner im gegenseitigen Einvernehmen eine Scheidungsfolgenvereinbarung herbeiführen. Deutet sich ein Interessenkonflikt an, muss der Anwalt das Mandat niederlegen.
Soll ein Anwalt kontaktiert werden, empfiehlt sich, dass ein Ehegatte den Anwalt zunächst allein kontaktiert und abspricht, ob und wieweit auch der Partner einbezogen werden kann. Diese Option ist meist unproblematisch, wenn die Scheidung einvernehmlich erfolgt und eventuelle Scheidungsfolgen im gegenseitigen Einvernehmen geregelt werden können.
Welches Gericht ist zuständig?
Für Scheidungen sind die Familiengerichte zuständig. Nur die Familiengerichte können die Scheidung beschließen. Das Standesamt, bei dem die Ehe vollzogen wurde, ist nicht berufen, die Scheidung auszusprechen. Die Familiengerichte sind besondere Abteilungen der Amtsgerichte. Die Ehegatten können sich „ihr zuständiges Gericht“ für die Scheidung nicht aussuchen, vielmehr bestimmt das Gesetz eine Rangfolge, nach der die Zuständigkeit der Familiengerichte begründet wird.
Wohnen die Ehegatten in demselben Gerichtsbezirk, ist das für diesen Bezirk zuständige Familiengericht zuständig. Betreut ein Ehegatte ein minderjähriges Kind, ist das Gericht an dessen Wohnort zuständig.
Gibt es keine Kinder, ist das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten die letzte gemeinsame Wohnung hatten, sofern noch einer der Ehegatten in diesem Bezirk wohnt. Sind beide Ehegatten verzogen, ist dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk der jeweils andere Ehegatte wohnt. Leben beide Ehegatten im Ausland, kann die Scheidung trotzdem in Deutschland durchgeführt werden. Zuständig ist dann das Amtsgericht in Berlin-Schöneberg.
Welche Scheidungsunterlagen sind wichtig?
Der Scheidungsantrag ist zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der Heiratsurkunde und den Geburtsurkunden der Kinder bei Gericht einzureichen. Haben die Ehegatten einen Ehevertrag oder eine außergerichtliche Scheidungsfolgenvereinbarung verfasst, ist dem Scheidungsantrag die Kopie der Vereinbarung beizufügen. Im Scheidungstermin müssen sich die Ehegatten mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass identifizieren.
Anders als es in Fernsehfilmen oft behauptet wird, brauchen die Ehegatten keine Scheidungspapiere zu “unterzeichnen“. Das Einzige, was zu unterzeichnen ist, ist die Vollmacht für den Rechtsanwalt, mit der der Anwalt bevollmächtigt wird, den Ehegatten im Scheidungsverfahren zu vertreten.
Möchte der Ehegatte Verfahrenskostenhilfe beantragen, ist das amtliche Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe“ auszufüllen und mit Nachweis der Einkommensverhältnisse, am besten zusammen mit dem Scheidungsantrag, bei Gericht einzureichen. Wird VKH bewilligt, übernimmt die Staatskasse die Verfahrenskosten. Ab einem gewissen Einkommen sind die Kosten allerdings in Teilbeträgen an die Staatskasse zurückzuzahlen.
Welchen Inhalt hat der Scheidungsantrag?
Neben den Personalien der Ehegatten und der Kinder fordert das Gesetz die Erklärung des antragstellenden Ehegatten, ob die mit der Scheidung einhergehenden Scheidungsfolgen geregelt sind. Das Familiengericht soll einschätzen können, ob in und welchen Umfang Streit besteht und ob entsprechende Beratungsangebote die Ehegatten dabei unterstützen können, ihre ehelichen Lebensverhältnisse abzuwickeln. Der Scheidungsantrag sollte folgende Angaben enthalten:
- Sorgerecht und Umgangsrecht,
- Kindesunterhalt gegenüber minderjährigen Kindern,
- Ehegattenunterhalt nach der Scheidung,
- Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung,
- Rechtsverhältnisse an Haushaltsgegenständen.
Was geschieht, wenn der Scheidungsantrag gestellt ist?
Reicht ein Ehegatte den Scheidungsantrag über den beauftragten Anwalt beim Familiengericht ein, stellt das Familiengericht den Antrag dem anderen Ehegatten als Antragsgegner zu. Mit der Zustellung wird der Scheidungsantrag „rechtshängig“. Die Zustellung ist wichtig, weil danach der Stichtag für die Durchführung des Versorgungsausgleichs und die Berechnung des Zugewinnausgleichs bestimmt wird.
Um die Zustellung zu ermöglichen, muss der Scheidungsantrag eine ladungsfähige Anschrift des Antragsgegners beinhalten. Ist der Aufenthaltsort unbekannt, muss der Antragsteller nachweisen, dass die Anschrift erfolglos recherchiert wurde und er darauf angewiesen ist, dass die Antragsschrift im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt wird.
Einvernehmliche Scheidung ohne Streit
Möchten beide Ehegatten geschieden werden, empfiehlt sich, eventuelle Scheidungsfolgen (z.B. Zugewinnausgleich, Umgangsrecht) außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln. Die Scheidung lässt sich dann als einvernehmliche Scheidung kostengünstiger und zügig bewerkstelligen. In diesem Fall genügt es, wenn nur derjenige Ehegatte, der den Scheidungsantrag stellt, anwaltlich vertreten lässt. Für die Zustimmung zum Scheidungsantrag benötigt der andere Ehegatte keine anwaltliche Vertretung.
Werden in der Scheidungsfolgenvereinbarung finanzielle Aspekte geregelt (Unterhalt, Zugewinnausgleich), muss die Vereinbarung notariell beurkundet werden. Alternativ lässt sich die Vereinbarung auch noch im mündlichen Scheidungstermin durch das Familiengericht rechtsverbindlich protokollieren.
Streitige Scheidung
Lehnt ein Ehegatte die Scheidung ab oder streiten die Ehegatten wegen einer Scheidungsfolge, verläuft die Scheidung als streitige Scheidung. Da die Ehegatten dann gegenseitige Anträge stellen, muss jeder Ehegatte anwaltlich vertreten sein. Auch im Verfahren vor Gericht ist es jederzeit möglich und allein schon aus Kostengründen zu empfehlen, wegen einer streitigen Scheidungsfolge eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.
Dazu passend: Scheidung mit Mediation – Rosenkrieg vermeiden.
Wie lange dauert eine Scheidung?
Die Dauer eines Scheidungsverfahrens hängt vornehmlich davon ab, ob die Scheidung als einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen der Ehegatten verläuft oder die Ehegatten wegen der Scheidung an sich oder wegen einer oder mehrerer Scheidungsfolge eine streitige Auseinandersetzung vor Gericht herbeiführen.
Einvernehmliche Scheidungen, bei denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs unproblematisch ist, sind in Abhängigkeit von der Arbeitsbelastung des Gerichts in etwa drei bis sechs Monaten zu erledigen. Teils gehen die Gerichte sogar dazu über, die mündliche Verhandlung im Wege einer Videoschaltung durchzuführen, so dass die Ehegatten nicht mehr persönlich bei Gericht erscheinen müssen.
Streitige Scheidungen führen meist dazu, dass die Ehegatten über ihre Anwälte gegenseitig Schriftsätze austauschen, das Gericht über diese Anträge verhandeln und die Scheidung erst beschließen kann, wenn möglichst alle Scheidungsfolgen geregelt sind. Dabei bleibt es dem Gericht unbenommen, eventuell vorab über die Scheidung zu beschließen und einen sich verzögernden Versorgungsausgleich oder die Regelung des Umgangsrechts vom eigentlichen Verfahren abzutrennen und gesondert darüber zu entscheiden.
Wann und wie entscheidet das Gericht über die Scheidung?
Haben die Ehegatten alles vorgetragen, was für die Scheidung der Ehe wichtig ist und erscheint die Durchführung des Versorgungsausgleichs gewährleistet, bestimmt das Gericht einen mündlichen Scheidungstermin. Dazu werden beide Ehegatten persönlich geladen. Der Antragsteller muss gemeinsam mit dem beauftragten Rechtsanwalt erscheinen, während der Ehepartner, der bei der einvernehmlichen Scheidung dem Scheidungsantrag vorbehaltlos zugestimmt hat, keine anwaltliche Vertretung braucht. Im Scheidungstermin fragt das Gericht beide Ehepartner, ob sie geschieden werden wollen und ob alle Scheidungsfolgen geregelt sind.
Ist das Verfahren „spruchreif“, verkündet das Familiengericht per Beschluss die Scheidung. Das Scheidungsurteil wird unanfechtbar und rechtskräftig, wenn beide Ehepartner im mündlichen Scheidungstermin auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat nach der Zustellung des Scheidungsbeschlusses keine Beschwerde oder Berufung beim Landgericht einlegen. Ist der Scheidungsbeschluss rechtskräftig, ist die Ehe endgültig aufgelöst. Der Scheidungsbeschluss des Familiengerichts ist als Scheidungsurkunde möglichst gut zu verwahren. Er wird benötigt, wenn einer der Ehegatten erneut heiraten möchte.
Wer trägt die Kosten der Scheidung?
Im Scheidungsbeschluss entscheidet das Gericht auch über die Scheidungskosten. Im Regelfall trägt der Antragsteller und, soweit auch der Antragsgegner anwaltlich vertreten ist, jede Partei die eigenen Anwaltskosten selbst. Bei der einvernehmlichen Scheidung werden die Gerichtskosten geteilt.
Fazit zum Ablauf
Der Ablauf einer Scheidung lässt sich leicht nachvollziehen, wenn die Regeln bekannt sind. Da es sich aber um ein gerichtliches Verfahren handelt, gibt es eine Vielzahl von Details, die das Scheidungserfahren bestimmen. Je weniger die Ehegatten streiten, desto leichter und schneller lässt sich die Scheidung bewerkstelligen.
Häufige Fragen
Wie ist der Ablauf einer Scheidung?
Ist das Trennungsjahr abgeschlossen wird der Scheidungsantrag beim Familiengericht eingereicht. Nach Eingang des Antrags bestimmt das Gericht einen mündlichen Verhandlungstermin um die Scheidungsfolgen zu klären. Wenn Einigkeit besteht (was im Streitfall mehrere Jahre dauern kann) erklärt der Richter durch Beschluss die Scheidung der Ehe.
Wie verläuft eine einvernehmliche Scheidung?
Bei einer einvernehmlichen Scheidung wird das Trennungsjahr eingehalten und sich in dieser Zeit am besten bereits über die Scheidungsfolgen verständigt. Es reicht, wenn einer der Ehegatten einen Anwalt mit der Einreichung des Scheidungsantrags beim Familiengericht beauftragt. Da bereits Einigkeit bzgl. der Scheidungsfolgen herrscht kann der Richter schnell den Scheidungsbeschluss ausstellen.