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Rangfolge beim Unterhalt – mehrere Unterhaltsberechtigte

  • Letzte Aktualisierung: 25.05.2023
  • Redakteur: Peter Piekarz

Im Unterhaltsrecht gibt es eine klare Rangfolge, was die Unterhaltsansprüche angeht. Diese Rangfolge bezieht sich auf unterhaltsberechtigte Kinder und Enkelkinder, unterhaltsberechtigte Elternteile und Ehegatten sowie den Unterhaltsanspruch von Eltern an ihre Kinder. Im Folgenden erklären wir die Reihenfolge der Unterhaltsberechtigungen und worin sie sich begründet.

Konkurrierende Unterhaltsansprüche und Pflichten

Möglicherweise liegt der Fall vor, dass einem Bedürftigen gesetzliche Unterhaltsansprüche gegen mehrere Personen zustehen. In einem solchen Fall ist zu prüfen in welcher Reihenfolge die verschiedenen Unterhaltsschuldner zur Zahlung verpflichtet sind.

Unter Umständen kann auch eine gleichrangige Zahlungsverpflichtung gegeben sein (und zwar anteilig nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse) oder aber, dass einer vor dem anderen haftet.

Wie ist die Rangfolge für unterhaltsberechtigte Kinder und Erwachsene?

Im deutschen Recht entspricht es einer langen Tradition die Unterhaltsberechtigten in bestimmte Gruppen einzuteilen und so abgeschichtet nach Rangstufen unterschiedlich zu berücksichtigen.

Nach Maßgabe dieses Rangstufenprinzips verdrängt der Unterhaltsanspruch eines vorrangig Unterhaltsberechtigten den eines nachrangig Unterhaltsberechtigten.

Dies wirkt sich insbesondere dann aus, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen so begrenzt sind, dass nicht alle Unterhaltsberechtigten berücksichtigt werden können (Mangelfall).

Immer Berücksichtigung des Selbstbehalts

Nach dem Rangstufenprinzip bekommt in einem solchen Fall der vorrangig Unterhaltsberechtigte seinen vollen Unterhaltsbedarf und die nachrangig Unterhaltsberechtigten werden auf das dann noch zu Unterhaltszwecken verbleibende Einkommen verwiesen (unter Berücksichtigung des dem Unterhaltspflichtigen zustehenden Selbstbehalts).

Vorrangig minderjährige unverheiratete Kinder

Die Rangfolge im Unterhaltsrecht hat ein besonderes Augenmerk auf die vorrangige Wahrung von Unterhaltsansprüchen minderjähriger unverheirateter Kinder gelegt und diese entsprechend gesetzlich postuliert. Darüber hinaus werden Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten gleichrangig mit denen des neuen Ehegatten berücksichtigt.

Mit der Regelung der Rangverhältnisse gemäß § 1609 BGB ist es dem Gesetzgeber gelungen, das Rangverhältnis mehrerer Unterhaltsberechtigter in einer einzigen Norm zusammenfassen. Danach ergibt sich nachfolgende Rangstufenregelung:

1. Rang – minderjährige und volljährige Kinder bis 21 Jahre

Minderjährige und privilegiert volljährige Kinder haben absoluten Vorrang vor allen anderen Unterhaltsberechtigten. Als privilegiert gelten volljährige Kinder, wenn sie jünger als 21 und unverheiratet sind, im Elternhaus wohnen und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden.

Diese Rangstufenregelung gilt für alle leiblichen Kinder und zwar unabhängig davon, ob diese innerhalb oder außerhalb der Ehe geboren worden sind oder aus einer ersten oder zweiten Ehe stammen. Ebenso unterfallen adoptierte Kinder unter diese Regelung.

Besonders neue unterhaltsberechtigte Kinder profitieren

Im Hinblick auf die Höhe des zu beanspruchenden Unterhalts wird sich für gemeinsame eheliche Kinder nur für den Fall etwas ändern, dass eine Mangelfallberechnung vorgenommen werden müsste. Gewinner der Rangstufenänderung sind vor allem unterhaltsberechtigte Kinder aus einer neuen Beziehung.

Kinder wirtschaftlich schwächste Mitglieder

Die Begründung des absoluten Vorrangs der Versorgung für unterhaltsberechtigte Kinder liegt darin, dass Kinder die wirtschaftlich schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft sind und im Gegensatz zu Erwachsenen nicht die Möglichkeit haben für ihren Lebensunterhalt selbst Sorge zu tragen. Darüber hinaus hat die Erfahrung der Vergangenheit gezeigt, dass es in der Regel dem Unterhaltspflichtigen leichter fällt Kindesunterhalt als Ehegattenunterhalt zu zahlen.

2. Rang – Elternteile, die Kinder betreuen, geschiedene Ehegatten

An zweiter Rangstufe stehen Elternteile, die wegen Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt (Betreuungsunterhalt) sind oder im Falle einer Scheidung wären, sowie Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer (mehr als 20 Jahre).

Ebenfalls gleichrangig ist der Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter und des nicht verheirateten Vaters. Des Weiteren gleichrangig sind Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern, die ein adoptiertes Stiefkind betreuen (§ 9 Abs.7 LPartG).

Wichtig: Von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang ist, dass zu den Kinder betreuenden Ehegatten nicht nur der geschiedene Ehegatte, sondern auch der neue Ehegatte zählt, wenn er im Falle einer Scheidung Anspruch auf Betreuungsunterhalt hätte. Somit ist der neue Ehegatte dem geschiedenen Ehegatten gegenüber gleichrangig.

Kindeswohl als Leitbild

Leitbild für die gesetzliche Regelung ist auch hier das Kindeswohl. Ausschließlich die Unterhaltsbedürftigkeit aufgrund der Betreuung minderjähriger Kinder ist maßgeblich für die Einstufung unmittelbar nach dem erstrangigen Kindesunterhaltsanspruch. Damit ist für die Begründung der Rangposition nicht mehr der Personenstand oder die zeitliche Abfolge der Eheschließung maßgeblich.

Keine Differenzierung nach elterlicher Beziehung

Lange Zeit war die unterhaltsrechtliche Gleichstellung verheirateter und geschiedener Eltern mit nicht verheirateten Eltern im Rahmen des Betreuungsunterhalts politisch heftig umstritten.

Vor dem Hintergrund, dass es sich ja um Betreuungsunterhalt handelt, der dazu dient eine dem Kindeswohl angemessene Betreuung sicherzustellen, verbietet sich gemäß Artikel 6 Abs. 5 Grundgesetz eine Differenzierung nach der Art der elterlichen Beziehung. Es soll ja gerade eine Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern bewirkt werden.

Ehen von langer Dauer

Ebenfalls der zweiten Rangstufe unterfallen Ehen von langer Dauer. Diese Ehen sind im gleichen Maße schutzbedürftig. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht klar geregelt, unter welchen Umständen man von einer Ehe von langer Dauer ausgehen kann. Der Begriff ist durch Auslegung des § 1578b BGB zu ermitteln und ergibt sich im Übrigen aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Ausweislich der Regelung des § 1578b BGB ist bei Beurteilung einer langen Ehedauer weniger die tatsächliche Zeitdauer nach Jahren entscheidend als vielmehr die durch die lange Ehedauer gegebenenfalls erlittenen ehebedingten Nachteile und zwar insbesondere im Zusammenhang mit seinem beruflichen Fortkommen.

An dieser Stelle ist auch entscheidend, ob und inwieweit sich wirtschaftliche Abhängigkeiten und Verflechtungen im Rahmen der ehelichen Lebensbeziehung ergeben.

3. Rang – Ehegatten und Geschiedene früherer Ehen

Hierunter fallen die Ehegatten, die nicht der 2. Rangstufe zuzuordnen sind.

Diese Veränderung der Rangverhältnisse hat erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Unterhaltsgefüge. In der unterhaltsrechtlichen Konsequenz führt es nämlich dazu, dass die Mutter eines von einem Ehemann gezeugten Kindes den geschiedenen Ehegatten aus seinem Unterhaltsrang verdrängt, wenn es sich nicht um eine Ehe von langer Dauer handelt und der Ehegatte keine Kinder betreut!

Nach der zuvor geltenden Rechtslage wäre der Ehemann, der außerehelich ein Kind zeugt, verpflichtet, für das Kind Unterhalt zu zahlen und zwar auf gleicher Rangstufe mit seiner geschiedenen Ehefrau.

Unter Umständen Mangelfallberechnung

Bei geringem Verdienst des Unterhaltspflichtigen würde es unter Umständen zu einer Mangelfallberechnung kommen, d.h. das Kind und die geschiedene Ehefrau würden zu gleichen Teilen Anspruch auf das unterhaltsrechtlich zu verteilende Einkommen des Ehemannes haben, wobei keiner der beiden Unterhaltsberechtigten seinen vollen Unterhalts erzielen würde.

Die Kindesmutter, der an sich für die ersten 3 Lebensjahre des Kindes auch Unterhalt zustehen würde, würde als unterhaltsrechtlich nachrangige Person voraussichtlich leer ausgehen. Dies ist im Zuge der Reform nun anders geregelt.

Keine Benachteiligung mehr bei außerehelichem Kind

Nach Maßgabe des neuen Unterhaltsrechts ist die Rechtslage so, dass das unterhaltsberechtigte Kind den ersten Rang einnehmen, somit den Unterhaltsanspruch in vollem Umfang durchsetzt und darüber hinaus die Kindsmutter in ihrer Eigenschaft als Kinder betreuender Elternteil die zweite Rangstufe einnimmt und zwar noch vor der die dritte Rangstufe einnehmenden geschiedenen Ehefrau!

Genau genommen könnte eine solche Konstellation bewusst von dem Unterhaltspflichtigen initiiert werden oder aber auch durch eine ungeplante Schwangerschaft eintreten.

Zweifelhaft dürfte sein, ob dieses Ergebnis noch mit Artikel 6 Abs.1 Grundgesetz, nach dem die Ehe unter besonderem Schutz des Staates steht, vereinbar ist.

Nach Maßgabe der Neuregelung besteht jedoch auch die theoretische Möglichkeit, dass ein Ehegatte im Laufe der Ehe vom dritten auf den zweiten Rang wechselt und zwar dann, wenn er mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet ist und aufgrund des langen Zeitablaufes irgendwann eine lange Ehedauer im Sinne des Gesetzes erreicht ist.

Im übrigen ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Umstand der Nachrangigkeit des geschiedenen Ehegatten dem neuen Ehegatten gegenüber nicht automatisch bedeutet, dass dieser bei der Unterhaltsberechnung überhaupt keine Berücksichtigung findet. Da die Rangverhältnisse in unmittelbarem Zusammenhang stehen mit der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen, wirken sich diese auch nur für den Fall der mangelnden Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen aus. Ist der unterhaltspflichtige Ehegatte hingegen in der Lage alle Unterhaltsansprüche zu befriedigen, wirkt sich der Nachrang nicht aus.

4. Rang – Sonstige volljährige Kinder

Unter diese Rangstufe fallen unterhaltsberechtigte Kinder, die nicht unter Nr. 1 fallen.

Auf dieser Rangstufe werden in der Regel Unterhaltsansprüche berücksichtigt von minderjährigen verheirateten Kindern (soweit sie nicht privilegiert sind), volljährigen Kindern, wenn und soweit sie sich in der Ausbildung oder im Studium befinden, erwerbsfähigen Kindern ohne Beschäftigung, sowie Kindern, die wegen einer Behinderung eingeschränkt erwerbsunfähig sind.

Bei Eintritt in die Volljährigkeit handelt es sich grundsätzlich nicht mehr um unterhaltsberechtigte Kinder, da ihnen im Regelfall zugemutet werden kann, für den eigenen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Aus diesem Grunde sind diese Kinder weniger schutzbedürftig im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten und nehmen somit die 4. Rangstufe ein.

Unter ökonomischen und sozialpolitischen Erwartungen an Bildung und Ausbildung erscheint die Einstufung in diesen Rang eher zweifelhaft im Zusammenhang mit der Chancengleichheit.

Gleichwohl kann dieser Aspekt außen vor bleiben vor dem Hintergrund, dass gegenwärtig finanzielle Engpässe von inAusbildung und Studium befindlichen Volljährigen geregelt werden durch Zahlung von Ausbildungsvergütung und BAföG.

Demgemäß spielt unter unterhaltsrechtlichen Aspekten der Rang in diesen Fällen lediglich eine untergeordnete Rolle im Zusammenhang mit Regressansprüchen des Sozialleistungsträgers gegen die Eltern.

5. Rang – Enkel und deren Abkömmlinge

Der fünfte Rang umfasst Unterhaltsansprüche von Enkelkindern und deren Abkömmlingen (Urenkel). Danach sind Unterhaltsansprüche von Enkelkindern gleichrangig mit denen weiterer Abkömmlinge.

6. Rang – Eltern

Unterhaltsanspruch von Eltern gegenüber ihren Kindern – Hintergrund ist die zunehmend praktische Bedeutung von Elternunterhalt aufgrund der immer größer werdenden Lücke zwischen Pflegebedarf und der Leistungen der Pflegekassen.

7. Rang – Großeltern, Urgroßeltern

Diese Rangstufe betrifft den Personenkreis der Großeltern, Urgroßeltern und weitere Verwandte der aufsteigenden Linie, wobei die jeweils näheren den entfernteren Verwandten im Rang vorgehen.

Hinweis: Im Zusammenhang mit vorgenannten Auswirkungen ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Rangregelung ausschließlich gesetzliche Unterhaltsansprüche betrifft. Demgemäß sind vertragliche Unterhaltsverpflichtungen von der Regelung des § 1609 BGB nicht umfasst. Im Übrigen dürfen vertragliche Unterhaltsregelungen nicht dazu führen sich dadurch einen Vorrang diesseits der gesetzlich geregelten Rangordnung zu verschaffen.

Wie wird es geregelt, wenn für mehrere Personen Unterhalt gezahlt wird?

Um die Unterhaltsansprüche für mehrere Berechtigte zu regeln gibt es eine festgelegte Rangfolge.

Wer bekommt zuerst Unterhalt?

Als vorrangig unterhaltsberechtigte Kinder gelten leibliche, minderjährige und privilegierte volljährige Kinder. Erst danach folgen betreuende Elternteile, Ehegatten, volljährige Kinder in Erstausbildung, Enkelkinder und Großeltern.

Was gilt in Bezug auf Unterhalt als lange Ehe?

Bezieht sich die Unterhaltspflicht auf Ehegatten nach einer langen Ehe, dann meint dies eine Ehe von mehr als 20 Jahren Dauer.