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Betreuungsunterhalt – Unterhalt für Kinderbetreuung

  • Letzte Aktualisierung: 05.07.2024
  • Redakteur: Peter Piekarz

Nach Trennung oder Scheidung steht dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB zu. Dieser Betreuungsunterhalt (Basisunterhalt) ist zunächst auf drei Jahre nach der Kindesgeburt befristet, und soll als finanzielle Unterstützung dafür sorgen, dass der betreuende Elternteil (i. d. R. die alleinerziehende Mutter) genügend Mittel zur Verfügung hat, um die Pflege und Erziehung des Kindes sicherzustellen. Während dieser drei Jahre, in denen der betreuende Elternteil des Kindes den Betreuungsunterhalt erhält, kann von ihm nicht verlangt werden, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Ist die Ehe Voraussetzung für Betreuungsunterhalt?

Zwar spricht der § 1570 BGB von einer „geschiedenen Ehe“, jedoch ist der Ehestatus bzw. die Scheidung keine Voraussetzung für den Betreuungsunterhalt. Dieser sog. Basisunterhalt gilt also gleichermaßen auch für Betreuung von nichtehelichen Kindern. Demnach steht ein Anspruch auf Basisunterhalt für die ersten 3 Lebensjahre des Kindes auch der nichtehelichen Kindesmutter zu.

Neue feste Partnerschaft

Für eines ist die vorangegangene Ehe aber doch Voraussetzung: Befindet sich der geschiedene unterhaltsberechtigte Elternteil in einer neuen festen Partnerschaft, verfällt der Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1579 Nr. 2 BGB). Für entstehende Ansprüche auf Betreuungsunterhalt aus nichtehelichen Beziehungen gilt diese Regelung nicht.

Basisunterhalt setzt Leistungsfähigkeit voraus

Zu beachten ist, dass der Betreuungsunterhalt nur fließen kann, wenn der Unterhaltsschuldner leistungsfähig ist. Das bedeutet, dass er in der Lage sein muss neben dem zu leistenden Unterhalt sein eigenes Leben zu finanzieren.

Selbstbehalt beachten

Beim Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle für Minderjährige, der übrigens vorrangig zu leisten ist, hat der Unterhaltsschuldner einen Selbstbehalt von 1.450 EUR und bei Erwerbslosigkeit 1.200 EUR, um den Mindestunterhalt sicherstellen zu können. Gegenüber volljährigen Kindern, die nicht privilegiert sind, hat der Unterhaltsschuldner einen Selbstbehalt von 1.750 EUR. Gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bzw. der nicht ehelichen Kindsmutter steht ein Selbstbehalt von 1.600 EUR.

Wie wird der Betreuungsunterhalt berechnet?

Die Höhe des Betreuungsunterhalts ergibt sich aus der Berechnung nach der 45%-Methode des Differenzeinkommens. Zu beachten ist, dass die 45% des Differenzeinkommens die Obergrenze für den Betreuungsunterhalt darstellen und der tatsächliche Unterhaltsanspruch geringer ausfallen kann. Ursache hierfür ist, dass vom unterhaltsrelevanten Einkommen der Kindesunterhalt vorrangig abzuziehen ist und dem Unterhaltsschuldner zudem ein Selbstbehalt von 1.600 EUR zusteht.

Beispiel zur Berechnung des Betreuungsunterhalts

Zur Ermittlung der Höhe des Betreuungsunterhalts gehen wir von getrennt lebenden Eltern aus, die eine gemeinsame, zweijährige Tochter haben.

Das bereinigte Nettoeinkommen des Vaters liegt bei 2.000 EUR. Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes ergibt sich für den Kindesunterhalt ein Zahlbetrag nach Düsseldorfer Tabelle von 355 EUR.

Für den Betreuungsunterhalt stehen also noch 1.645 EUR. zur Verfügung, die um den Selbstbehalt von 1.600 EUR gemindert werden. Der Vater ist mit einem Überhang von 45 EUR noch leistungsfähig.

Die Kindsmutter verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 800 EUR. Die Einkommensdifferenz beläuft sich auf 845 EUR (1.645 EUR – 800 EUR), wovon der Kindsmutter 45% an Betreuungsunterhalt zustehen, was ca. 380 EUR wären.

ABER: Die Zahlung von 380 EUR würde die Leistungsfähigkeit des Kindsvaters überschreiten, da der Selbstbehalt von 1.600 EUR nicht gewahrt bliebe. Somit kann die Mutter Unterhalt aufgrund der Betreuung bis zur Selbstbehaltsgrenze verlangen, in diesem Fall 45 EUR – eine Mangelfallberechnung wird vorgenommen.

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Wann gibt es Betreuungsunterhalt für Kinder über 3 Jahre?

Der Unterhaltsanspruch endet nicht automatisch mit dem dritten Geburtstag des Kindes. Nach Ablauf der 3-Jahres-Frist ist zu prüfen, ob der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Gründen des konkreten Einzelfalls zu verlängern ist. Liegen keine Verlängerungsgründe vor, entfällt der Unterhaltsanspruch vor dem Hintergrund der Eigenverantwortung, was bedeutet, dass der betreuende Elternteil selbst verpflichtet ist, eine Beschäftigung aufzunehmen.

Keine persönliche Betreuung mehr notwendig?

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ab einem Kindesalter von 3 Jahren grundsätzlich keine Notwendigkeit der persönlichen Betreuung mehr besteht. Eine Ausnahme gilt jedoch für individuell erhöhte Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes, welche jedoch nachzuweisen wäre, wie beispielsweise eine Behinderung des Kindes oder einer erhöhten Pflegebedürftigkeit.

Verfügbarkeit eines Betreuungsplatzes

Entscheidend für den weiteren Anspruch ist die Prüfung der Frage, ob für die zu betreuenden Kinder überhaupt konkret ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht. Dabei sind natürlich die Besonderheiten vor Ort und die konkreten Möglichkeiten zu berücksichtigen. Bei bestehender Betreuungsmöglichkeit soll eine Erwerbstätigkeit von dem betreuenden Elternteil erwartet werden können, deren zeitlicher Umfang dem der Betreuungsmöglichkeit entspricht.

„Billigkeit“ und „kindbezogene Gründe“ für die Verlängerung des Anspruchs

Teilzeit Beschäftigung

Anspruch auf Betreuungsunterhalt kommt in Betracht, wenn zunächst nur eine Teilzeitbeschäftigung möglich sein sollte. Der Gesetzgeber verlangt keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung in eine Vollzeitstelle.

Demnach verlängert sich der Betreuungsunterhalt, wenn dies der Billigkeit entspricht – in diesem Zusammenhang gelten in erster Linie kindbezogene Gründe. So können vorgeschlagene Betreuungsangebote abgelehnt werden, soweit diese sich mit dem Kindeswohl nicht vereinbaren lassen.

Wann allerdings die Billigkeit zur Verlängerung des Anspruchs auf den Unterhalt für den betreuenden Elternteil besteht, lässt sich nicht nur anhand des Alters des Kindes festmachen und ist stattdessen eine Einzelfallprüfung, wie die Richter des BGH bei der Verhandlung zum Urteil unter dem Az. XII ZR 134/08 am 21. April 2010 feststellten. Hierbei muss individuell auf die Begabung der Kinder eingegangen sowie darauf geachtet werden, wie weit deren Entwicklung voranschreitet.

Allein aufgrund des Alters des Kindes wäre es unbillig, den Betreuungsunterhalt einzustellen, wenn das Kind beispielsweise eine Behinderung aufweist und nach 3 Jahren eine Erwerbstätigkeit durch den betreuenden Elternteil nicht möglich ist. So sprach das OLG Düsseldorf einer Mutter, deren Kind an Immunschwäche leidet, einen unbefristeten Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen ihren Ex-Ehemann zu. Nach Ansicht des Gerichts sei eine Vollzeitbeschäftigung nicht zumutbar (Az. II-8 UF 32/09 vom 07.10.2009).

Ehebezogene bzw. elternbezogene Gründe zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts

Eine Verlängerung der Gewährung von Betreuungsunterhalt kommt aus „elternbezogenen“ Gründen in Betracht, falls die kinderbezogenen Verlängerungsgründe nicht mehr greifen sollten. Die Begründung liegt in der „nachehelichen Solidarität„. Maßgebend ist insoweit das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.

Es gilt: Einem Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft zurückstellt, muss ein längerer Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden, als einem Elternteil, der von vornherein so schnell wie möglich wieder in seinen Beruf zurückkehren will.

In diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung nicht nur die praktizierte Kinderbetreuung, sondern vor allem auch die Lebensplanung der Eheleute. In welchem Umfang der Unterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern ist, hängt von dem Umständen des Einzelfalles ab.

Der Betreuungsunterhalt ist demnach eine Form des nachehelichen Unterhalts. Im Fall einer Scheidung können weitere Unterhaltsformen in Anspruch genommen werden, bspw. Unterhalt wegen Alters oder Unterhalt wegen Krankheit und Gebrechens. Mehr dazu im Detail unter Nachehelicher Unterhalt.

Druck auf Alleinerziehende wächst

Der Druck auf alleinerziehende Mütter wächst stetig, denn zunehmend haben die Gerichte mit der Prüfung von Fällen des Betreuungsunterhalts zu tun, die sich auf die Dauer des Anspruchs beziehen. So auch der BGH mit seinem Urteil unter dem Az. XII ZR 94/09 vom 15. Juni 2011. Nach diesem Urteil des Bundesgerichtshofes müssen sich Alleinerziehende also nach dem 3. Lebensjahr des Kindes in eine Vollzeitstelle begeben. Im vorliegenden Fall ging es um Betreuungsunterhalt für ein Kind, welches bereits die Grundschule aufsucht. Hier hat der BGH entschieden, dass einer Vollzeittätigkeit der Mutter nichts entgegen stünde, wenn nach der Schulzeit weiterhin Betreuungsmöglichkeiten für das Kind bestünden.

Nachweispflicht

Allerdings sind in diesem Zusammenhang auch immer die individuellen Betreuungsmöglichkeiten zu prüfen und ebenfalls kindbezogene Gründe, die gegen eine Fremdbetreuung sprechen. Der BGH weist in diesem Zusammenhang deutlich darauf hin, dass der alleinerziehende Elternteil, in diesem Fall die Mutter, Gründe aufbieten muss und in der Beweispflicht steht, wenn es darum geht, warum sie weiterhin Anspruch über die drei Jahre hinaus auf Betreuungsunterhalt vom Ex-Mann haben soll. 

Der Anspruch hängt also weiterhin davon ab, ob der alleinerziehende Elternteil Gründe ausweisen kann, warum ihm eine Vollzeitstellung nicht zugemutet werden kann.

Ob nun Billigkeit zur Verlängerung des Anspruchs auf den Betreuungsunterhalt besteht, hängt im Wesentlichen von verschiedenen Faktoren ab und ist zu guter Letzt immer einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, die nicht pauschaliert werden kann.

Erwerbspflicht nach Alter abgestuft?

Die BGH Richter gaben auch zu bedenken, dass eine Vollzeittätigkeit der Alleinerziehenden nicht zur Überlastung führen sollte, weshalb hier als Lösungsvorschlag auch eine Erwerbspflicht in Betracht kommen könnte, die nach dem Kindesalter abgestuft werden sollte.

Mit Urteil XII ZR 65/10 vom 18.04.2012 hat der BGH entschieden, dass einer alleinerziehenden Mutter auch weit über das dritte Lebensjahr des Kindes Betreuungsunterhalt zusteht. Im vorliegenden Fall waren die drei Kinder zwölf, 15 und 17 Jahre alt, die vormittags die Schule besuchten und am Nachmittag von der Mutter zu Sportvereinen in einer Entfernung von 5 bzw. 15 km gebracht wurden. In diesem Fall war der Mutter eine Vollzeitbeschäftigung nicht zuzumuten.

Wie viel Betreuungsunterhalt steht mir zu?

Eine feste Höhe für den Betreuungsunterhalt gibt es nicht. Sie errechnet sich anhand der 45%-Methode des verteilungsfähigen Differenzeinkommens der Eltern. Der zu zahlende Unterhalt kann jedoch geringer ausfallen. Grund dafür ist, dass zunächst vom bereinigten, unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen der Kindesunterhalt vorrangig abzuziehen ist und dem Unterhaltsschuldner ein Selbstbehalt von 1.600 € zusteht.

Wie lange muss man Unterhalt für die Mutter zahlen?

Grundsätzlich endet der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach Ablauf von 3 Jahren nach Kindesgeburt. Ob Betreuungsplätze vorhanden sind oder eine weitere persönliche Betreuung des Kindes notwendig ist wird im Einzelfall geprüft. Liegt z. B. eine gesteigerte Notwendigkeit der Betreuung aufgrund einer Behinderung des Kindes vor, entfällt der Unterhalt nicht. Ein vorzeitiger Wegfall des Betreuungsunterhalts kommt infrage, wenn der alleinerziehende (geschiedene) Elternteil in einer neuen festen Partnerschaft lebt.

Wann muss man Betreuungsunterhalt zahlen?

Trennen sich die Eltern eines Kindes, hat der betreuende Elternteil Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB. Der Unterhalt ist dabei zunächst auf die ersten 3 Jahre nach der Geburt des Kindes befristet. In dieser Zeit kann vom betreuenden Elternteil nicht erwartet werden, dass dieser einer Beschäftigung nachgeht. Eine Ehe der Elternteile ist dafür keine Voraussetzung.