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Zugewinnausgleich bei Scheidung berechnen

  • Letzte Aktualisierung: 20.08.2018
  • Redakteur: Marie Wustmann

Im Zuge einer Scheidung müssen verschiedene Scheidungsfolgesachen geregelt werden. Wenn ein Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt – was auch der gesetzliche Güterstand ist – findet bei einer Scheidung der Zugewinnausgleich statt. Für die Berechnung des Zugewinns ist das Anfangsvermögen und das Endvermögen beider Partner maßgeblich. Alles Wichtige rund um die Berechnung des Zugewinnausgleiches finden Sie hier im Ratgeber.

Berechnungsgrundlage

Die Berechnung des Zugewinnausgleiches bei Scheidung geschieht, indem das Anfangsvermögen und das Endvermögen je Partner verglichen und die berechnete Differenz (also der Zugewinn) geteilt wird. Hat ein Partner in der Zugewinngemeinschaft zum Beispiel einen geringeren Zugewinn als der andere, dann hat er Anspruch auf die Hälfte der Differenz des Zugewinns seines Partners.

Welche Arten der Zugewinngemeinschaft es gibt erfahren Sie unter Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) – Gesetzlicher Güterstand.

Was umfasst der Zugewinn?

Alles, was beide Partner einzeln innerhalb der Ehe erwirtschaften, wird als Zugewinn bezeichnet. Gemeinsame Vermögenswerte wie ein Haus oder Wohnung, werden im Zugewinn anteilig auf beide Partner gerechnet.

Der Zugewinn kann Folgendes umfassen:  

  • Barvermögen
  • Immobilien
  • Wertpapiere
  • Lottogewinn

Folgendes fällt nicht in die Zugewinnberechnung:

Kein negativer Zugewinn: Bestehen mehr Schulden am Ende einer Ehe als bei der Heirat? Dann wird der Zugewinn auf null gesetzt. Es gibt nämlich keinen negativen Zugewinn.

(Negatives) Anfangsvermögen

Für den Zugewinnausgleich ist das Anfangs- und Endvermögen der Ehepartner ausschlaggebend. (§ 1374 BGB)

Maßgeblich für das Anfangsvermögen ist der Tag der Eheschließung vor dem Standesbeamten. Schulden werden tatsächlich hinzugerechnet, womit ein negatives Anfangsvermögen möglich ist.

Indexierung

Es ist jedoch wichtig, dass eine Indexierung des Anfangsvermögens vorgenommen wird. Aufgrund von Inflation etc. ist das Geld nicht mehr so viel Wert wie vor noch einigen Jahren.

Mithilfe einer Formel lässt sich die Indexierung durchführen, wobei die Preissteigerungsraten des statistischen Bundesamtes mit einbezogen werden.

Ebenso ist es möglich Verbindlichkeiten über die Höhe des Positivvermögens hinaus (negatives Anfangsvermögen) abzusetzen.

Beispielrechnung

Der Ehemann war bereits vor Eheschließung selbständig tätig und hat daraus Verbindlichkeiten (Schulden) i.H.v. 50.000 Euro. Während der Ehezeit tilgt der Ehemann seine Verbindlichkeiten i.H.v. 50.000 Euro und erwirtschaftet ein Endvermögen bei Scheidung der Ehe i.H.v. 100.000 Euro.

Die Ehefrau hatte bei Eheschließung weder Schulden noch Vermögen. Auch die Ehefrau erwirtschaftet ein Endvermögen i.H.v. 50.000 Euro.

VermögenEhefrauEhemannBemerkungen
Anfangsvermögen0,00 Euro-50.000 EuroSchulden werden bei der Ermittlung des Anfangsvermögens berücksichtigt.
Vermögenszuwachs50.000 Euro100.000 EuroDifferenz beträgt 50.000 Euro.
Zugewinnausgleich+25.000 Euro-25.000 EuroEhemann muss Ehefrau die Hälfte der Differenz des Zuwachses ausgleichen.
Endvermögen75.000 Euro75.000 Euro

Daraus ergibt sich zugunsten der Ehefrau ein Zugewinnausgleich (100.000 Euro Mann – 50.000 Euro Frau = 50.000 Euro Differenz: 2=) in Höhe von 25.000 Euro.

Die Frau hat einen Anspruch auf Zahlung eines Zugewinns von 25.000 Euro.

(Negatives) Endvermögen

Maßgeblich für das Endvermögen ist der Tag, an dem einer den Scheidungsantrag gestellt hat. (§1375 BGB)

Um im Zugewinn einem gerechteren Vermögensausgleich näher zu kommen, wurde die Anrechenbarkeit von negativem Vermögen nicht nur auf das Anfangsvermögen beschränkt, sondern auch auf das Endvermögen ausgedehnt.

Somit werden auch im Endvermögen Verbindlichkeiten in voller Höhe abgezogen.

Mehr zum Scheidungsantrag unter Scheidungsantrag, Familiengericht und Verfahren.

Beispielrechnung

Bei Eheschließung kann der Mann Schulden von 50.000 Euro vorweisen. Es gelingt ihm zum Ende der Ehe diese Schulden um 25.000 Euro abzubauen. Er bleibt aber i.H.v. 25.000 Euro weiterhin verschuldet.

Die Frau hat zu Beginn der Ehe keine Schulden und auch kein Vermögen. Am Ende der Ehezeit beträgt ihr Endvermögen 50.000 Euro.

Der Abbau der Schulden um 25.000 Euro wird voll als wirtschaftlicher Zugewinn gewertet und mindert durch dessen Anrechnung den dem Mann zustehenden Zugewinn entsprechend.

Dies bedeutet, dass die erwirtschafteten 25.000 Euro des Mannes dem Zugewinn der Frau mit 50.000 Euro gegenüber gestellt werden mit der Folge, dass der Zugewinnausgleichsanspruch des Mannes sich reduziert auf 12.500 Euro!

VermögenEhefrauEhemannBemerkungen
Anfangsvermögen0,00 Euro-50.000 EuroSchulden werden bei der Ermittlung des Anfangsvermögens berücksichtigt.
Vermögenszuwachs50.000 Euro25.000 EuroDer Abbau der 25.000 Euro Schulden des Mannes werden als voller Zugewinn behandelt und dem Zugewinn ohne Anrechnung der restlichen Schulden gegenübergestellt. Die Differenz zwischen beiden Zugewinnen beträgt rein rechnerisch also 25.000 Euro.
Zugewinnausgleich-12.500 Euro+12.500 EuroEhefrau muss Ehemann die Hälfte der Differenz des Zuwachses ausgleichen.
Endvermögen37.500 Euro-12.500 EuroDer Ehemann hatte ursprünglich -50.000 Euro Schulden. Davon hat er 25.000 Euro abgebaut. Es verbleiben -25.000 Euro Schulden. Durch den Zugewinnausgleich von 12.500 Euro würden lediglich
-12.500 Euro Schulden bleiben.

Es werden also auch die Fallkonstellationen erfasst, in denen ein Ehegatte, der verschuldet in die Ehe geht, diese Schulden zwar reduzieren, aber nicht ins Positivvermögen bringen kann.

Gleichwohl steht er bei wirtschaftlicher Betrachtung besser da als zu Beginn der Ehe. Ohne Berücksichtigung dieses Umstandes wäre der „unverschuldete“ Ehegatte im Rahmen des bei der Scheidung zu zahlenden Zugewinnausgleichs unangemessen benachteiligt.

Was geschieht im Zugewinnausgleich mit Haus in Alleineigentum?

Bei einer Scheidung fürchten alleinige Hauseigentümer durch den Zugewinnausgleich nicht selten um ihre Immobilie. Die Sorge darum ist nicht ganz unbegründet, wenn die Ehegatten in einer Zugewinngemeinschaft lebten.

Sofern nichts Weiteres schriftlich festgehalten ist – z.B. in einem Ehevertrag oder Scheidungsfolgenvereinbarung – wird der Zugewinnausgleich bei Scheidung in Form einer Geldforderung ausgezahlt.

Hier wird das Anfangsvermögen inklusive Erbschaften (welche dem Anfangsvermögen zugerechnet werden) mit dem Endvermögen verglichen und die Differenz berechnet.

Immobilie bereits in die Ehe gebracht

Hat ein Ehepartner bereits ein Haus mit in die Ehe gebracht, wird dieses dem Anfangsvermögen zugerechnet.

Sollte er aber erst nach der Heirat in das Grundbuch einer Immobilie als Alleineigentümer eingetragen werden, dann gilt das Haus als Zugewinn des Ehepartners und fällt somit in die Berechnung des Zugewinnausgleichs.

Beispielrechnung

VermögenEhefrauEhemannBemerkungen
Anfangsvermögen0,00 Euro0,00
Euro
Ehegatten bringen kein Vermögen mit in die Ehe.
Vermögenszuwachs0,00 Euro300.000
Euro
Der Ehemann wurde nach der Heirat im Grundbuch des Hauses als alleiniger Eigentümer eingetragen. Die abgezahlte Immobilie hat einen Wert von 300.000 Euro und zählt nun zum Zugewinn des Mannes.
Zugewinnausgleich+150.000 Euro-150.000 EuroEhemann muss Ehefrau die Hälfte der Differenz des Zuwachses ausgleichen.
Endvermögen+150.000+150.000

Achtung: In der oberen Rechnung muss der Ehemann der Ehefrau einen finanziellen Ausgleich von 150.000 Euro zahlen. In diesem Falle ist es durchaus möglich, dass der Mann gezwungen ist die Immobilie zu verkaufen, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können.

Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB

Ehegatten müssen haben zur Ermittlung des Zugewinnausgleichs einen Auskunftsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten. Hier müssen also Auskünfte sowohl über das Anfangs- als auch des Endvermögens gegenüber dem Ehegatten gemacht werden.

Dadurch wird von Anfang an offengelegt, ob und inwieweit beim anderen Ehegatten negatives Anfangsvermögen vorhanden ist und der Zugewinnausgleich kann zu einem früheren Zeitpunkt konkretisiert werden.

Zum Nachweis der Auskünfte kann das Gericht auch Belege verlangen. 

Aber: Die Belegpflicht darf nicht missverstanden werden. Denn: die Verpflichtung geht nur so weit, wie Belege auch tatsächlich noch vorhanden sind. Kaum jemand wird Belege länger als 10 oder 20 Jahre aufbewahren.

Sollte Streit über Wertgegenstände und Vermögen entstehen, weil Belege nicht mehr vorhanden sind, wird der Wert zu schätzen sein oder die Angelegenheit wird durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens geklärt.

Vorzeitiger Zugewinnausgleich

Im Normalfall wird der Zugewinnausgleich am Ende einer Ehe „fällig“. Jedoch ist ein vorzeitiger Zugewinnausgleich des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (§ 1385) ebenso möglich.

Wenn einer der folgenden Punkte zutrifft, kann die Auflösung der Zugewinngemeinschaft und ein vorzeitiger Zugewinnausgleich beantragt werden.

Voraussetzungen

Mindestens einer der folgenden Punkte muss für einen vorzeitigen Zugewinnausgleich erfüllt sein:

  • Die Ehegatten leben seit mindestens drei Jahren getrennt.
  • Der andere Ehegatte hat ohne Einwilligung seines Partners über größeres Vermögen verfügt oder ist sehr verschwenderisch mit seinem eigenen Vermögen umgegangen, womit er das Endvermögen und im selben Zuge auch den Zugewinnausgleich schmälert.
  • Der andere Ehegatte kommt seit längerer Zeit seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht nach.
  • Der andere Ehegatte weigert sich, Auskunft über sein Vermögen zu geben – trotz geltender Auskunftspflicht.

Sollte der Antrag auf Auflösung der Zugewinngemeinschaft und auf vorzeitigen Zugewinnausgleich akzeptiert werden, greift zukünftig der Güterstand der Gütertrennung.

Was es damit auf sich hat erfahren Sie unter Gütertrennung.

Verjährung des Zugewinnausgleiches

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt drei Jahre nach einer Scheidung. Aus diesem Grund sollte der Anspruch innerhalb der drei jährigen Frist geltend gemacht werden.

Zugewinnausgleich bei Erbschaft oder Schenkung

Oftmals fragen sich Ehepartner im Falle einer Erbschaft oder Schenkung während der bereits bestehenden Ehe, ob diese dem späteren Zugewinnausgleich angerechnet werden. Muss ein Partner erbliches Vermögen also mit seinem Partner teilen? Die Antwort darauf ist ein klares Nein.

Erbschaften ebenso wie Schenkungen werden dem jeweiligen Anfangsvermögen zugerechnet – unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt diese erhalten werden. Der spätere Zugewinnüberschuss wird dadurch automatisch geschmälert, jedoch bleibt das Erbe oder die Schenkung an sich im alleinigen Besitz des Erben bzw. des Beschenkten.

Die Wertsteigerungen des Erbes oder der Schenkung zählen wiederum zum Zugewinn.

Beispielrechnung Zugewinn bei Erbschaft

VermögenEhefrauEhemannBemerkungen
Anfangsvermögen0,00 Euro0,00 Euro
+ 50,000 Euro (Erbe)
In der Ehe erbt der Ehemann 50,000 Euro. Diese werden aber nicht als Vermögenszuwachs angerechnet, sondern dem Anfangsvermögen.
Vermögenszuwachs10.000 Euro0,00 EuroDie Erbschaft des Mannes zählt nicht als Vermögenszuwachs.

Da er kein Vermögen in der Ehe aufgebaut hat, bleibt der Vermögenszuwachs bei 0,00 Euro. Seine Frau konnte hingegen 10.000 Euro Vermögenszuwachs verzeichnen.

Zugewinnausgleich-5.000 Euro+5.000 EuroEhefrau muss Ehemann die Hälfte der Differenz des Zuwachses ausgleichen.
Endvermögen5.000 Euro5.000 Euro  + 50,000 Euro (Erbe) Das neue Vermögen des Ehemanns beträgt somit 55.000 Euro. Das der Frau 5.000 Euro.

Wie berechnet man den Zugewinnausgleich?

Um den Zugewinnausgleich zu berechnen wird das Vermögen beider Eheleute verglichen. Die Differenz des Vermögenszuwachses beider wird halbiert. Hatte ein Ehegatte während der Ehe nun weniger Zugewinn als der andere, steht ihm die Hälfte der Differenz zu. Schauen Sie dazu unsere Berechnungsbeispiele an.

Was gehört in den Zugewinn?

In den Zugewinn gehören Barvermögen, Wertpapiere, Lottogewinne und auch Immobilien. Handelt es sich bei den Immobilien um Alleineigentum, das bereits in die Ehe mitgebracht wurde, zählt dieses nicht zum Zugewinn. Anders, wenn das Alleineigentum erst innerhalb der Ehe erworben wurde.