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Selbstbehalt beim Unterhalt – Eigenbedarf

Die Unterhaltspflicht setzt immer zwei Bedingungen voraus, einmal die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers und andererseits die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen.

Gerade die Leistungsfähigkeit des Schuldners ist durch den Selbstbehalt (Eigenbedarf) limitiert, damit dieser nicht durch die Zahlung von Unterhalt selbst bedürftig wird – mit dem Eigenbedarf (wie der Name schon sagt) soll der Unterhaltspflichtige selbst einen Betrag zur Deckung seines Lebensbedarfs haben. Welche Auswirkungen der Selbstbehalt auf die Unterhaltsberechnung hat, finden Sie in diesem Artikel.

Bedeutet: Der Selbstbehalt ist die Grenze der Leistungsfähigkeit beim Unterhalt, die dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller Unterhaltsverpflichtungen verbleiben muss – er sichert das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners.

Selbstbehalt Höhe 2024

Zusammen mit den Unterhaltsbeträgen der neuen Düsseldorfer Tabelle 2024 wurden auch die Selbstbedarfe wieder angehoben. Diese finden Sie unten in der Tabelle – Beträge in Klammern gelten noch für 2023.

Wie hoch der Selbstbehalt ausfällt, hängt im Wesentlichen von der Rangfolge im Unterhaltsrecht ab, also wem gegenüber der Unterhalt zu leisten ist. Kindern gegenüber ist der Selbstbehalt geringer als unterhaltsberechtigten Ehegatten oder Eltern gegenüber.

Selbstbehalt ab 01.01.2024 – Beträge bis Ende 2023 sind in ( ) gesetzt.

Unterhaltspflicht fürSelbstbehalt in €Anteil für Wohnkosten in €
Notwendiger Selbstbehalt
Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder bis 21 Jahren (Unterhaltsschuldner erwerbstätig)1.450
(1.370)
520
Minderjährige und privilegierte Volljährige bis 21 Jahren (Unterhaltsschuldner nicht erwerbstätig)1.200
(1.120)
520
Angemessener Selbstbehalt
andere (nicht privilegierte) volljährige Kinder1.750
(1.650)
650
geschiedener Ehepartner sowie Mutter oder Vater eines nichtehelichen Kindes (Unterhaltsschuldner erwerbstätig)1.600
(1.510)
580
geschiedener Ehepartner sowie Mutter oder Vater eines nichtehelichen Kindes (Unterhaltsschuldner nicht erwerbstätig)1.475
(1.385)
580
Eltern (Elternunterhalt Selbstbedarf)2.000
(2.000)
650

Welche verschiedenen Arten gibt es?

Grundsätzlich wird beim Eigenbedarf zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt unterschieden.

Notwendiger Selbstbehalt

Der notwendige Eigenbedarf (kleiner Selbstbehalt) ist nach den Unterhaltsleitlinien des OLG Düsseldorf auf minderjährige und privilegiert volljährige Kinder anzuwenden.

Sofern der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist, beträgt dieser ab 2024 1.450 Euro (1.370 Euro in 2023), bei nicht Erwerbstätigen 1.200 Euro (1.120 Euro in 2023). In diesem Betrag sind 520 Euro für die Wohnkosten (Warmmiete, einschließlich umlagefähiger NK und Heizung) enthalten.

Angemessener Selbstbehalt

Gegenüber allen anderen Unterhaltspflichtigen, die in der Rangfolge hinter minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern stehen, also nicht privilegierte Volljährige, Ehegatte etc. sind, hat der Unterhaltsschuldner einen angemessenen Eigenbedarf (großer Selbstbehalt), bei dem Kosten für Unterkunft und Heizung von 650 Euro (Warmmiete) eingerechnet sind.

Billiger Selbstbehalt

Den dritten bezeichnet man als „billigen“ (eheangemessenen) Selbstbehalt, der eine Mischung aus dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt gebildet wird und vorwiegend beim nachehelichen Ehegatten- bzw. Trennungsunterhalt oder bei nichtehelichen Elternteilen (Betreuungsunterhalt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes) ins Spiel kommt. Hier wird ein Betrag von 580 Euro für die Warmmiete berücksichtigt.

Volljährige mit verlorener wirtschaftlicher Selbständigkeit

Gegenüber nicht privilegierten Volljährigen haben Unterhaltsschuldner ab 2024 einen Eigenbedarf von 1.750 Euro (1.650 Euro bis 2023). Stand das Kind aber bereits finanziell auf eigenen Beinen und rutscht dann aufgrund des Verlustes der wirtschaftlichen Selbständigkeit in die Bedürftigkeit, so hat der BGH mit Urteil vom 18.01.2012 (XII ZR 15/10) entschieden, die angemessenen Selbstbehaltsgrenze auf die Höhe des Betrages anzupassen, wie es auch bei einer Unterhaltspflicht von Kind gegenüber Elternteil wäre – also 2.000 Euro.

Wie setzt sich der Selbstbehalt zusammen?

Der Grundbetrag für den Selbstbehalt setzt sich aus den Werten der §§ 27a SGB XII sowie 20 SGB II zusammen, was auch den Hartz IV bzw. Bürgergeld Regelbedarf regelt und nach sozialrechtlichen Maßstäben das verfügbare Haushaltseinkommen für eine alleinstehende Person ohne Schulden und atypische Ausgaben widerspiegelt.

Orientierung Bürgergeld Regelsatz

Zum 01.01.2024 gab es eine Anpassung der Bürgergeld Regelsätze um 12,2 Prozent. Der Bürgergeld Regelbedarf in der Regelbedarfsstufe 1 liegt in 2024 bei 563 € für einen alleinstehenden Erwachsenen und wird fortgeschrieben. Dieser Regelsatz wird jedoch noch pauschal um 10% erhöht, um etwaigen Nachteilen entgegen zu wirken, die Bürgergeld Bedürftige auch nicht zahlen müssen, beispielsweise GEZ Rundfunkbeitrag.

Weiterhin werden hinzugerechnet die angemessenen Kosten der Warmmiete (Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten und Heizkosten) sowie Pauschalen für Versicherungen und ein pauschaler Pufferbetrag monatlich. Um einen Anreiz der Erwerbstätigkeit zu schaffen erhalten Erwerbstätige zusätzlich einen pauschalen Erwerbstätigen-Selbstbehalt.

 Erwerbstätignicht erwerbstätig
Grundbedarf nach Regelsatz (563 € in 2024 + 10%)619,30 €619,30 €
Wohnkosten520,00 €520,00 €
Versicherungspauschale30,00 €30,00€
pauschaler Puffer30,00 €30,00 €
Erwerbstätigen-Selbstbehalt200,00 €
Gesamtsumme Selbstbehalt1.399,30 €1.199,30 €

Wann Erhöhung des Selbstbehalts möglich?

Eine Anhebung des Selbstbehalts kommt nur in zwei Fällen in Betracht, und zwar:

  1. bei unvermeidbar höheren Wohnkosten
  2. mehr als 50% höheren Einkommens des anderen Elternteils

Sollte der Selbstbehalt unvermeidbar überschritten werden, so kann dieser einzelfallabhängig in angemessener Höhe angehoben werden.

Beispiel: Ein Vater hat für sein Kind im normalen Umfang Unterhaltspflicht zu erfüllen und seine Warmmiete beläuft sich aber auf 580 Euro. Kann der Vater seine Wohnkosten nicht senken, so könnte der Selbstbehalt auf 1.510 Euro erhöht werden (60 Euro höher als notwendig, daher wird auch der Eigenanteil um diesen Betrag erhöht).

Prinzipiell ist derjenige zu Barunterhalt verpflichtet, in dessen Haushalt die Kinder nicht leben. Zunächst einmal spielt also das Einkommen vom betreuenden Elternteil keine Rolle. Hier traf der BGH mit Urteil XII ZR 70/09 vom 04.05.2011 aber allerdings eine abweichende Entscheidung und beteiligte diesen mit am Barunterhalt des Kindes.

Höherer Selbstbehalt bei signifikanten Unterschied im Einkommen

Im vorliegenden Fall des BGH in 2011 lag das Einkommen des betreuenden Elternteils mehr als die Hälfte über dem des allein barunterhaltspflichtigen Vaters, der vergleichsweise über geringe Einkünfte verfügte. Hier sprach das Gericht dem Unterhaltsschuldner die Anhebung des damals gültigen notwendigen Selbstbehalts von 1.080 Euro auf den angemessenen Selbstbehalt mit 1.200 Euro zu.

Wann kommt eine Absenkung in Betracht?

Der Versuch, den Eigenbedarf abzusenken, wird in den seltensten Fällen gelingen. Denkbar ist dies beispielsweise nur, wenn der Unterhaltsschuldner neu verheiratet ist, der Ehepartner / Lebenspartner wesentlich mehr Geld verdient, weshalb er dem Unterhaltsschuldner noch Ehegattenunterhalt zahlen müsste – und der eigentliche Schuldner seinen Eigenbedarf durch die Erbringung von Unterhaltsleistungen an andere unterschreiten würde.

Beispiel: Unterhaltsschuldner ist erwerbstätig und muss für seine nichteheliche, 14-jährige Tochter einen Kindesunterhalt von 645 Euro abzüglich halbem Kindergeld mit 125 Euro = 520 Euro erbringen. Allerdings verfügt er nur über ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.650 Euro, sodass der Selbstbehalt von 1.450 Euro unterschritten und er nur bis 200 Euro leistungsfähig wäre.

Seine Ehefrau verfügt aber über ein Nettoeinkommen von 2.550 Euro, sodass sie ihm vom Differenzbetrag (900 Euro) 45% an Ehegattenunterhalt schuldet, somit 405 Euro. Ergänzt man nun das Einkommen des Vaters um den Ehegattenunterhalt, wäre dieser mit 200 Euro + 405 Euro = 605 Euro voll leistungsfähig und kann den Kindesunterhalt erbringen.

Mangelfallrechnung

Muss der Unterhaltspflichtige die Ansprüche mehrerer Personen befriedigen (mehrere Kinder, Ex-Partner), so kann es schnell passieren, dass die Grenze des Selbstbehalts unterschritten wird – hier spricht man dann von einem Mangelfall, was bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige nicht in vollem Umfang leistungsfähig ist.

Bei der sog. Mangelfallrechnung wird dann zunächst der Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abgezogen. Sollte die Grenze des Selbstbehalts nicht ausreichen, so muss das, was übrig ist, gleichmäßig verteilt werden.

Keine Verwechslung mit dem Bedarfskontrollbetrag

Häufig wird der Fehler gemacht und der Selbstbehalt mit dem Bedarfskontrollbetrag der Düsseldorfer Tabelle (ganz rechte Spalte mit festen Euro Beträgen) verwechselt. Prinzipiell haben diese Beträge allerdings nichts gemeinsam und erfüllen auch beide unterschiedliche Funktionen.