Mangelfallberechnung – Unterhaltsberechnung im Mangelfall
Hat der Unterhaltspflichtige nicht die notwendigen Mittel um den vollen Unterhalt gegenüber seinen Kindern und für alle anderen Unterhaltsberechtigten zu zahlen, so tritt der Mangelfall ein. Dabei wird der zu zahlende Unterhalt im Rahmen der Möglichkeiten reduziert um die Existenz des Unterhaltspflichtigen zu sichern.
Inhaltsverzeichnis
Bedingte Leistungsfähigkeit als Grundsituation
Ist der Unterhaltsschuldner nicht in der Lage, den vollen Unterhalt gegenüber seinen Kindern und anderen Unterhaltsberechtigten zu zahlen, so ist dieser nur bedingt leistungsfähig.
Wie genau Leistungsfähigkeit sich definiert erfahren Sie unter Leistungsfähigkeit beim Unterhalt.
Selbstbehalt als Grenze
In diesem Fall bildet der Selbstbehalt die Grenze der Leistungsfähigkeit und nur bis zu diesem Betrag muss auch tatsächlich Unterhalt gezahlt werden.
Geht es um den Unterhalt für minderjährige Kinder liegt der Selbstbehalt aktuell bei 1.160 Euro, für den Unterhalt geschiedener Ehepartner bei 1.280 Euro. Detaillierte Informationen dazu erhalten Sie unter Selbstbehalt beim Unterhalt – Eigenbedarf.
Können nicht alle Unterhaltsansprüche in voller Höhe bedient werden, so spricht man von einem Mangelfall.
Bei der Bedienung der Ansprüche ist stets auf die Rangfolge im Unterhaltsrecht zu achten.
An erster Stelle im Unterhaltsrecht stehen minderjährige und privilegiert volljährige Kinder. Unter Rangfolge im Unterhaltsrecht – Reihenfolge beim Unterhalt erfahren Sie, welche Personen an welcher Position folgen.
Sicherstellung Mindestunterhalt – gesteigerte Erwerbsobliegenheit
Gerade bei der Sicherstellung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder und privilegierte Volljährige besteht eine gesteigerte Erwerbspflicht des Unterhaltspflichtigen.
Er muss also alles Nötige tun, um den Mindestunterhalt sicher zu stellen und den Mangelfall zu verhindern – nötigenfalls mit der Aufnahme einer anderen, besser bezahlten Tätigkeit oder sogar einer Nebentätigkeit (gesteigerte Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 BGB).
Weiterführende Informationen zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit unter Eigenverantwortung.
Versuch Unterhaltspflichten zu vermeiden keine gute Idee
Keinesfalls darf der Unterhaltspflichtige im Fall einer neuen Beziehung die Rolle des Hausmannes oder der Hausfrau übernehmen, in der Hoffnung, so um die Unterhaltspflichten herum zu kommen.
Gerade bei der Mangelfallrechnung in Bezug auf Minderjährige und privilegiert Volljährige wird die Einkommensprüfung sehr genau durchgeführt.
Mehr zum aktuellen Mindestunterhalt unter Mindestunterhalt 2022 – Unterhalt für minderjährige Kinder. Wann volljährige Kinder im Unterhaltsrecht als privilegiert gelten erfahren Sie unter Privilegierte volljährige Kinder beim Unterhalt.
Fiktives Einkommen
Wird nun festgestellt, dass der Unterhaltspflichtige durchaus in der Lage wäre, mehr Erwerbseinkommen zu erzielen, so dass sein Eigenbedarf in Form des Selbstbehalts nicht mehr unterschritten wird, kann ein fiktives Einkommen herangezogen werden, so dass es möglicherweise gar nicht zu einer Mangelfallrechung kommt.
Schuldenprüfung
Gleiches gilt auch für abzugsfähige Schulden. Hier werden diese einer Prüfung unterzogen, ob das Machen der Schulden überhaupt nötig gewesen ist, beispielsweise für Konsumgüter oder ob durch Absenkung der monatlichen Raten der Mangelfall vermieden werden kann.
Beispiel zur Mangelfallberechnung
Ein Kindsvater hat ein unterhaltsrechtlich relevantes, bereinigtes Nettoeinkommen von 1.700 Euro. Er muss Unterhalt für seinen zweijährigen Sohn zahlen und gleichzeitig auch noch Betreuungsunterhalt für die Kindsmutter.
Der Kindesunterhalt beträgt nach Düsseldorfer Tabelle (Stand 2022) 396 Euro abzüglich halbem Kindergeld mit 109,50 Euro = 286,50 Euro. Der Unterhaltsanspruch der Kindsmutter für die Betreuung des Kindes beläuft sich auf 450 Euro.
Die Berechnung würde nun folgendermaßen aussehen:
Gegenüber dem minderjährigen Kind hat der Kindsvater einen Eigenbedarf von 1.160 Euro, sodass mit 1.700 – 286,50 = 1.413,50 Euro die Selbstbehaltsgrenze gewahrt bleibt und der Vater seinen Unterhaltspflichten für das Kind in voller Höhe nachkommt.
Gegenüber der Kindsmutter liegt der Eigenbedarf in Form des Selbstbehaltes bei 1.280 Euro und das einzusetzendes Einkommen beträgt noch 1.413,50 Euro. Folglich erhält die Mutter nicht ihren vollen Unterhaltsanspruch sondern lediglich 133,50 Euro, anstatt 450 Euro.
In einem solchen Fall spricht man von einem einfachen Mangelfall, da der Unterhalt für die Vorrangigen in voller Höhe gezahlt wird. Die Mutter ist in der Rangfolge des Unterhaltsrecht an zweiter Stelle, also nach dem minderjährigen Kind.
Hier gelangen Sie weiter zum Unterhaltsrechner und zur Unterhaltsberechnung.
Wer zahlt den Unterhalt im Mangelfall?
Tritt bei der Zahlung von Kindesunterhalt für minderjährige Kinder ein Mangelfall auf, werden die Unterhaltsvorschüsse von Seiten des Staates erbracht.
Achtung: Kommt es jedoch beim Ehegattenunterhalt oder Elternunterhalt zu einem Mangelfall, gleicht der Staat die Zahlungen nicht aus. Der Ex-Partner oder Eltern gehen leer aus.
Der Ehegattenunterhalt gliedert sich in zwei verschiedene Arten auf. Erfahren Sie mehr zu Trennungsunterhalt & nachehelichem Unterhalt.
Das Wichtigste kurz zusammengafasst
Was passiert bei Mangelfallberechnung?
Tritt der Mangelfall bei der Zahlung von Kindesunterhalt für minderjährige Kinder auf, kommt der Staat in Form von Unterhaltsvorschüssen für die Differenz auf. Derartige Ausgleichszahlungen gibt es im Mangelfall bei Ehegattenunterhalt jedoch nicht.
Was ist wenn ich nicht den vollen Unterhalt zahlen kann?
Es handelt sich um einen Mangelfall, wenn durch die Zahlung des Unterhalts der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen unterschritten werden würde. In so einem Fall leistet der Staat Unterhaltsvorschüsse, allerdings nur wenn es um Unterhalt für minderjährige Kinder geht.