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Anteilige Geschwisterhaftung im Elternunterhalt

  • Letzte Aktualisierung: 24.08.2021
  • Redakteur: Peter Piekarz

Der bedürftige Elternteil kann mehrere Kinder mit ausreichend anrechenbaren Einkünften haben. In diesem Fall haften alle Kinder anteilig (§ 1606 Abs. 3 BGB).

+++ Angehörigen-Entlastungsgesetz – Neue Einkommensgrenze seit 2020 +++

Der Bundestag hat das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) am 07.11.2019 beschlossen. Diese regelt den Elternunterhalt ab 2020 neu, wodurch viele pflegende Angehörige ab dem nächsten Jahr finanziell entlastet werden.

Das Gesetz sieht eine neue Einkommensgrenze ab 1. Januar 2020 in Höhe von 100.000 Euro Brutto vor, wodurch sich Kinder schätzungsweise in 90 Prozent aller Fällen nicht mehr an den Pflegekosten für ihre Eltern beteiligen müssen.

Wichtig: Es gilt weiterhin, dass grundsätzlich auch Vermögen und Einkünfte aus Vermögen für Elternunterhalt heranzuziehen ist. Wenn das Einkommen unter der 100.000 Euro Grenze liegt, diese jedoch mit verwertbarem Vermögen überstiegen wird, haftet das Kind ggfs. mit einem Teil dieses Vermögens. 

Alleinige Haftung im Elternunterhalt

Sollte es unter mehreren Geschwistern nur einen Gutverdiener geben, muss dieser für die schlechter verdienenden Geschwister mit zahlen.

Das setzt aber voraus, dass die anderen Geschwister nicht leistungsfähig sind und der Gutverdiener unter den Geschwistern noch genügend ausreichendes Einkommen oder Vermögen nach allen Abzügen (wie zum Beispiel dem Selbstbehalt und dem Schonvermögen) hat, um für den Elternunterhalt aufzukommen.

Erfahren Sie mehr zu den Abzügen unter Schonvermögen beim Elternunterhalt und Selbstbehalt beim Elternunterhalt – Eigenbedarf.

Rechenbeispiel für die alleinige Haftung eines der Geschwister vor 2020

Zwei Geschwister sollen für den Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Mutter aufkommen, die ihren Heimaufenthalt nicht mehr aus eigenen Mitteln zahlen kann. Die Pflegeversicherung deckt den Betrag nicht komplett ab.

Beispiel 1

Nettoeinkommen Kind 1 2000 Euro
Abzug Selbstbehalt pro Kind– 1800 Euro
Abzüglich von zusätzlich 50 %– 100 Euro
 100 Euro verbleiben
Nettoeinkommen Kind 21500 Euro
Abzug Selbstbehalt pro Kind– 1800 Euro
 0 Euro verbleiben

Erläuterung zu Beispiel 1:
Kind 1 ist leistungsfähig und Kind 2 nicht. Bei der Berechnung für Kind 1 sind jedoch lediglich 100 Euro für den möglichen Elternunterhalt verblieben. Ist die Bedarfslücke des Elternteils höher als 100 Euro, muss Kind 1 mit dem kompletten Betrag und alleine (da Kind 2 nicht leistungsfähig ist) für den Unterhalt des gemeinsamen Elternteils aufkommen.

Achtung: Seit dem 01. Januar 2020 gilt bei Alleinstehenden mit einem Einkommen von über 100.000 Euro jährlich ein Selbstbehalt von 2.000 Euro netto monatlich. Im oberen Beispiel wäre demnach keines der beiden Kinder leistungsfähig.

Anteilige Haftung mehrerer Kinder vor 2020

Gibt es unter mehreren Geschwistern mehr als einen Gutverdiener, haften diese anteilig für den Unterhalt ihrer Eltern.

Für die Berechnung der anteiligen Haftung ist nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BG eine Haftungsquote bzw. Geschwisterquote festgesetzt.

Berechnung der Haftung

Die Berechnung erfolgt in zwei Schritten:

  1. Die Berechnung des Haftungsanteils je Geschwisterkind
  2. Die Berechnung der tatsächlichen Zahlungsverpflichtung je Kind im Verhältnis zum elterlichen Bedarf.

Beispiel 2 vor 2020

Berechnung des Haftungsanteils bei 3 Geschwistern:

Nettoeinkommen Kind 1 2000 Euro
Abzug Selbstbehalt pro Kind– 1800 Euro
Abzüglich von zusätzlich 50 %– 100 Euro
 100 Euro verbleiben
Nettoeinkommen Kind 21500 Euro
Abzug Selbstbehalt pro Kind– 1800 Euro
 0 Euro verbleiben
Nettoeinkommen Kind 32400 Euro
Abzug Selbstbehalt pro Kind– 1800 Euro
Abzüglich von zusätzlich 50 %– 300 Euro
 300 Euro verbleiben

Erläuterung:
Hier wäre Kind 1 leistungsfähig mit 100 Euro, Kind 2 nicht leistungsfähig und Kind 3 leistungsfähig mit 300 Euro.

Achtung: Seit dem 01. Januar 2020 gilt bei Alleinstehenden mit einem Einkommen von über 100.000 Euro jährlich ein Selbstbehalt von 2.000 Euro netto monatlich.

Berechnung der Zahlungsverpflichtung

Die tatsächliche Zahlungsverpflichtung richtet sich nach der Höhe des Bedarfs des Elternteils:

Fallbeispiel 1

Haftungsanteil Kind 1300 Euro
Haftungsanteil Kind 2400 Euro
Haftungsanteil Gesamt400 Euro 

Ungedeckter Bedarf des Elternteils beträgt 400 Euro oder höher:

Ist der Bedarf des Elternteils gleich oder höher des Haftungsanteils der leistungsfähigen Kinder, muss jedes Kind den gesamten Haftungsanteil einsetzen. In diesem Fall setzt Kind 1 die gesamten 100 Euro ein und Kind 2 die gesamten 300 Euro.

Fallbeispiel 2

Haftungsanteil Kind 1100 Euro
Haftungsanteil Kind 2300 Euro
Haftungsanteil Gesamt400 Euro 

Ungedeckter Bedarf des Elternteils beträgt 300 Euro:

Liegt der ungedeckte Bedarf des bedürftigen Elternteils unter dem gesamten Haftungsanteil aller leistungsfähigen Geschwister, wird die tatsächliche Zahlungsverpflichtung bzw. die Haftungsquote je Kind anteilig mit der folgenden Formel berechnet:

(Ungedeckter Bedarf des Elternteils) x (Haftungsanteil des Geschwisterkindes) :
(Summe der Haftungsanteile aller Geschwister)

Formelanwendung

Die Haftungsquote wird im nachfolgenden Rechenbeispiel anhand des Beispiel 2 ermittelt, in dem Kind 1 und 3 leistungsfähig sind, Kind 2 aber nicht.

Haftungsquote Kind 1:
(300 Euro) x (100 Euro) : (400 Euro)
_____________________________
= 75 Euro

 Haftungsquote Kind 3:
(300 Euro) x (300 Euro) : (400 Euro)
_____________________________
= 225 Euro

Erläuterung:
Kind 1 mit der geringeren Leistungsfähigkeit muss bei einem elterlichen Bedarf von 300 Euro von seinem Haftungsanteil 75 Euro zahlen. Für Kind 3 mit der höheren Leistungsfähigkeit verbleibt somit ein effektiver Zahlungsbetrag von 225 Euro.

Weitere Abzüge möglich

In Beispiel 1 wie auch in Beispiel 2 ist es denkbar, dass von dem verbleibenden Haftungsbetrag eines Kindes zusätzliche Leistungen wie Unterhalt für eigene Kinder, private Altersvorsorge, arbeitsbedingte Aufwendungen etc. abgezogen werden.

Falls die Abzüge höher sind als der zuvor berechnete Haftungsbetrag, verfällt die Leistungsfähigkeit des Kindes wieder und es wird schlussendlich mit einem nicht anrechenbaren Einkommen (0,00 Euro) aus der Rechnung ausgeschlossen.

Sind Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig?

Ja, sofern die Eltern bedürftig sind, also ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Dabei gilt: Kinder sind erst unterhaltspflichtig ab einer Einkommensgrenze von 100.000 Euro.

Was ist wenn mehrere Kinder unterhaltspflichtig sind?

Sind mehrere Kinder unterhaltspflichtig wird anteilig gezahlt. Dabei wird unter Abzug von Selbstbehalt und Schonvermögen ermittelt wie viel die Kinder leisten können ohne selbst bedürftig zu werden. Anhand einer fest definierten Formel wird anschließend die Zahlungsverpflichtung ermittelt.