Wer sich scheiden lassen möchte, allerdings die Gerichts- und Anwaltskosten nicht tragen kann, darf Prozesskostenhilfe beantragen. Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe bzw. Gerichtskostenbeihilfe, in familiären Angelegenheiten auch Verfahrenskostenhilfe genannt, ist an zwei Voraussetzungen geknüpft: hinreichende Erfolgschancen des Verfahrens und die Bedürftigkeit des Rechtssuchenden. Grundsätzlich bemisst sich die Bedürftigkeit am einzusetzenden Vermögen und Einkommen. Hierbei sind Einkommensgrenz und Freibeträge zu beachten.
Verwertbares Vermögen
Bevor ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, wird zunächst geprüft, ob ausreichend Vermögen vorhanden ist, um die Prozesskosten zu zahlen (§ 115 Abs. 1 ZPO). Ist dies der Fall wird der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Schonvermögen
Allerdings muss nicht das gesamte Vermögen eingesetzt werden, vielmehr ist das sogenannte Schonvermögen zu beachten. Das Schonvermögen bezeichnet das Vermögen, das grundsätzlich nicht eingesetzt werden muss. Dazu gehören u.a. die folgenden Vermögenswerte (§ 90 Abs. 2 SGB XII und der dazugehörigen Durchführungsverordnung):
- Barbeträge und andere Geldwerte bis 5.000 Euro für jede volljährige oder alleinstehende minderjährige Person; 500 Euro für jede unterhaltsberechtigte Person
- Eine selbstbewohnte Immobilie
- Vermögen, das der Berufsausübung dient
- Vermögen, das einer angemessenen Altersvorsorge dient
Einzusetzendes Einkommen
Bei der Bewilligung der Gerichtskostenbeihilfe spielt neben dem verwertbaren Vermögen auch das einzusetzende Einkommen des Antragsstellers eine große Rolle. Beim einzusetzenden Einkommen handelt sich jedoch nicht um das Bruttoeinkommen, vielmehr aber um den Betrag, der sich nach Abzug der zu leistenden Verbindlichkeiten vom Bruttoeinkommen und Anrechnung der Freibeträge ergibt.
Nach der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens werden Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festgesetzt. Gemäß § 115 Abs. 4 ZPO wird Prozesskostenhilfe nicht bewilligt,
„wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen„.
Insofern stellt die individuelle Monatsrate in Verbindung mit den voraussichtlichen Prozesskosten die Einkommensgrenze für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe dar. Beträgt eine monatliche Rate mindestens 10 Euro, wird eine Rückzahlung der PKH vereinbart. Liegt die Rate unter 10 Euro wird von der Rückzahlung der Prozesskostenhilfe abgesehen (§ 115 Abs. 2 ZPO).
Ermittlung des monatlichen Bruttoeinkommens
Für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens werden zunächst die monatlichen Bruttoeinnahmen ermittelt. Hierzu gehören:
- Arbeitseinkommen (inklusive Sonderzahlungen)
- Sozialleistungen (Bürgergeld, Krankengeld, Rente)
- Kindergeld
- sonstiges Einkommen (Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Kapitalvermögen, Unterhaltszahlungen)
Abzug der zu leistenden Verbindlichkeiten
Die zu leistenden Verbindlichkeiten beinhalten die folgenden monatlichen Zahlungen und werden vom monatlichen Bruttoeinkommen abgezogen. Dazu gehören gem. § 82 SGB XII:
- auf das Einkommen entrichtete Steuern (z.B. Einkommen-, Lohn- und Kirchensteuer)
- Pflichtbeiträge zur Sozial- und Arbeitsversicherung
- weitere Vorsorgeaufwendung (Beiträge für angemessene private Versicherungen)
- Werbungskosten (d.h. Ausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeit stehen, wie z.B. Fahrtkosten)
- Kreditraten
Weitere Abzüge
Zudem werden gem. § 115 Abs. 1 ZPO diese Abzüge vom Einkommen vorgenommen:
- Wohnkosten (Kaltmiete, Mietnebenkosten und Heizung)
- Mehrbedarfe gem. § 21 SGB II und § 30 SGB XII
- Beträge mit Rücksicht auf besondere Belastungen (z. B. Kita- und Kindergartenbeiträge).
Anrechnung von Freibeträgen
Geltende Freibeträge werden vom Einkommen abgezogen und sollen sicherstellen, dass nicht das gesamte Einkommen in einem Scheidungsverfahren aufgewendet werden muss. Die aktuellen Freibeträge seit dem 01.01.2025 sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:
| Freibetrag für unterhaltsberechtigte | Bund (allgemein) | Landkreis Fürstenfeldbruck und Starnberg | Landkreis München | Landeshauptstadt München |
|---|---|---|---|---|
| Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen | 282 EUR | 295 EUR | 290 EUR | 296 EUR |
| Partei, Ehegatte oder Lebenspartner | 619 EUR | 649 EUR | 637 EUR | 650 EUR |
| Erwachsene (Regelbedarfsstufe 3) | 496 EUR | 520 EUR | 510 EUR | 519 EUR |
| Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 4) | 518 EUR | 540 EUR | 534 EUR | 541 EUR |
| Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 5) | 429 EUR | 443 EUR | 441 EUR | 446 EUR |
| Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (Regelbedarfsstufe 6) | 393 EUR | 408 EUR | 404 EUR | 407 EUR |
(Stand: Prozesskostenhilfebekanntmachung 2025)
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Beispielrechnung
Herr Müller und seine Noch-Ehefrau leben getrennt, die gemeinsame 12-jährige Tochter lebt bei ihm. Nun will sich Herr Müller von seiner Frau scheiden lassen und möchte dafür Gerichtskostenbeihilfe beantragen. Die Prozesskosten für eine Scheidung belaufen sich dabei auf voraussichtlich 2.000 Euro.
Einkommen: Nach Abzug der zu leistenden Verbindlichkeiten, beläuft sich sein Nettogehalt auf 1.800 Euro im Monat, seine Wohnkosten betragen monatlich 500 Euro.
Vermögen: Herr Müller verfügt über Ersparnisse in Höhe von 4.000 Euro, die er jedoch als Schonvermögen unterhalb der Grenze von 5.000 Euro nicht einsetzen muss.
Ermittlung des einzusetzenden Einkommens
| Nettoeinkommen | 1.800 Euro |
|---|---|
| zzgl. Kindergeld | + 255 Euro |
| abzgl. Wohnkosten | – 500 Euro |
| abzgl. Freibetrag für Herrn Müller | – 619 Euro |
| abzgl. Freibetrag für Erwerbstätige | – 282 Euro |
| abzgl. Freibetrag für Kinder | – 429 Euro |
| Einzusetzendes Einkommen | 225 Euro |
Ermittlung der monatlichen Rate
Um zu ermitteln, ob Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, gilt es nun, die monatliche Rate zu ermitteln. Eine Monatsrate beträgt dabei die Hälfte des einzusetzenden Einkommens.
225 Euro / 2 = 113 Euro monatliche Rate (gerundet gem. § 115 Abs. ZPO)
Bewilligung der Prozesskostenhilfe
Die voraussichtlichen Prozesskosten betragen 2.000 Euro. Wie oben erwähnt wird Verfahrenskostenhilfe nur dann bewilligt, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten vier Monatsraten übersteigen.
113 x 4 = 452 Euro
Ergebnis: Es hat sich gezeigt, dass 4 monatliche Raten in Höhe von insgesamt 452 Euro die voraussichtlichen Prozesskosten von 2.000 Euro nicht übersteigen. Herr Müller hat somit Anspruch auf Gerichtskostenbeihilfe. Da eine monatliche Rate mit 113 Euro über der Grenze von 10 Euro liegt, muss Herr Müller die Prozesskostenhilfe (in Raten) zurückzahlen.