Zum Inhalt springen

Trennungsjahr – Voraussetzung zur Scheidung

„Rien ne vas plus“. Manche Ehen sind wie Roulette. Ist das Glück hold, ist die Liebe stabil. Lässt das Glück nach, steht die Trennung ins Haus. Soll die Scheidung eingereicht werden, genügt die Trennung im Geiste allein nicht. Ehepartner müssen die Trennung im Rechtssinne vollziehen. Über diese Scheidungsvoraussetzung besteht oft Unklarheit.

Welchen Sinn hat das Trennungsjahr?

Eine Ehe ist auf Dauer angelegt. Könnte die Ehe allein mit den Worten: „Ich verstoße dich!“ geschieden werden, hätte sie kaum echte Bestandskraft. Um den Ehepartnern die Möglichkeit zu geben, sich über ihre Gefühle und Absichten klar zu werden, verlangt der Gesetzgeber als Bedingung zur Scheidung, dass die Ehe gescheitert ist (§ 1565 BGB). Diese Voraussetzung wird in mehreren Stufen geprüft:

  1. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht (objektive Komponente) und ihre Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist (subjektive Komponente).
  2. Um Fakten zu schaffen, vermutet das Gesetz, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben. Dann kann die Ehe geschieden werden, sofern beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder ein Ehegatte dem Scheidungsantrag des Partners zustimmt (§ 1566 I BGB). Diese Vermutung kann ein Ehegatte widerlegen, wenn er Tatsachen vorträgt, die gegen die Trennung sprechen (z.B. Versöhnung, fehlende räumliche Trennung).
  3. Leben die Ehegatten drei Jahre getrennt, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist (§ 1566 II BGB). Dann kann die Scheidung auch gegen den Willen des anderen Partners ausgesprochen werden.
  4. Nur in Härtefällen (Gewalttätigkeit) kommt die vorzeitige Scheidung in Betracht (§ 1565 II BGB).

Was bedeutet „Trennungsjahr“?

Ein Ehepartner kann den Scheidungsantrag frühestens nach einem Jahr Trennungszeit (bzw. kurz vor Ablauf des Trennungsjahres) bei Gericht einreichen. Die Jahresfrist beginnt mit dem Tag der Trennung. Auf die Dauer der Ehe kommt es nicht an. Auch bei einer sehr kurzen Ehedauer (bis zu 2 Jahre) müssen die Partner diese Trennungszeit einhalten. Selbst die Trennung in der Hochzeitsnacht erfordert ein Trennungsjahr.

Das Trennungsjahr ist auch dann Pflicht, wenn beide Ehepartner die sofortige Scheidung übereinstimmend wünschen.

Welche Bedeutung hat das Trennungsjahr für den Scheidungsantrag?

Das Trennungsjahr ist Voraussetzung für die Einreichung des Scheidungsantrags bei Gericht. Ein vorzeitig gestellter Scheidungsantrag ist deshalb praktisch unbegründet. Teils wurden Scheidungsanträge deshalb auch schon kostenverursachend zurückgewiesen.

In der Praxis werden die Scheidungsanträge dennoch einige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres bei Gericht eingereicht, um das Scheidungsverfahren unmittelbar nach Ablauf des Trennungsjahres in Gang zu setzen.

Das Gericht kann über den Antrag allerdings erst nach Ablauf des vollständigen Trennungsjahres tatsächlich entscheiden. Wer sichergehen will sollte den Ablauf des Trennungsjahres abwarten.

Möchte man im Fall einer Scheidung Prozesskostenhilfe beantragen, ist es u.a. erforderlich, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist bzw. in absehbarer Zeit (3 Monate) abläuft.

Wann beginnt das Trennungsjahr?

Die Trennung (Beginn des Trennungsjahres) äußert sich darin, dass zwischen den Partnern keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht. Sie ist offenkundig, wenn ein Partner aus der Wohnung auszieht und damit kundtut, die eheliche Gemeinschaft auf Dauer nicht mehr fortsetzen zu wollen.

Achtung: Wer vorübergehend im Hotel übernachtet oder fremdgeht und kurzzeitig wieder zu Hause auftaucht, begründet keinen Trennungswillen.

Die Umstände der Trennung sind deshalb wichtig, da ein Partner auch nach einem Jahr Trennungszeit die Scheidung verweigern und auf bis zu drei Jahre aufschieben kann, wenn er behauptet, er lebe nicht getrennt. Erst nach drei Jahren Trennungszeit kann er die Scheidung nicht mehr aufhalten.

Erfolgt die Trennung im beiderseitigen Einvernehmen, genügt es, im Scheidungsantrag Trennung und Trennungstermin darzulegen. Der Partner stimmt zu. Das Gericht wird daran ohne begründeten Anlass keine Zweifel hegen.

Unterhalt im Trennungsjahr

Bereits ab Beginn des Trennungsjahres hat der wirtschaftlich schwächere Ehrpartner Anspruch auf Trennungsunterhalt. Dieser Trennungsunterhalt ist so lange zu zahlen, bis die Ehe rechtskräftig geschieden wurde. Sollte weiterer Unterhalt z.B. in einem Ehevertrag festgestellt worden sein oder vom Familiengericht beim Scheidungsurteil, so ist nach rechtskräftiger Scheidung noch nachehelicher Unterhalt zu zahlen.

Trennungszeitpunkt nachweisen

Will sich nur ein Ehepartner gegen den Willen des Partners trennen, muss er den Trennungstermin im Scheidungsantrag nachweisen. Begründet er einen eigenen Hausstand, ist der Nachweis meist problemlos. Leben die Partner nur innerhalb der Wohnung getrennt, empfiehlt sich ein „Trennungsbrief“, der die Trennung gegenüber dem Partner dokumentiert. Idealerweise bezeugen Dritte die Trennung. Bleibt die Trennung streitig, kann das Gericht den Scheidungsantrag zurückweisen.

Trennung trotz Zusammenleben in der gemeinsamen Wohnung

Nach dem Gesetz schadet es nicht, wenn die Ehepartner aus Kostengründen innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Sind beide Partner Eigentümer oder Mieter der Wohnung, hat der andere Partner nicht das Recht, den Partner vor die Tür zu setzen und ihm den Zutritt zur Wohnung zu verwehren.

Er begeht „verbotene Eigenmacht“. Der Ehepartner hat einen rechtlichen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes und darf sich gegebenenfalls mit angemessener Gewalt zur Wehr setzen.

Aufteilung der Räume

Wichtig ist, dass in der gemeinsamen Wohnung die Räume aufgeteilt und der persönliche Hausrat getrennt wird. Das Getrenntleben verlangt die Trennung von „Tisch und Bett“. Die Schlafmöglichkeiten sollten unbedingt getrennt sein.

Gemeinschaftsräume wie Badezimmer und Küche können gemeinsam genutzt werden. Gemeinsames Fernsehen im Wohnzimmer oder Kochen oder Mittagessen sind tabu. Die Partner führen einen getrennten Haushalt, also getrennte Kassen, kaufen getrennt ein, keiner versorgt den anderen mit. In Notfällen ist Hilfe gestattet. 

Leben auch Kinder in der Wohnung, muss auch ihnen gegenüber die Trennung verdeutlicht werden. Gewisse Gemeinsamkeiten zum Wohl der Kinder sind erlaubt (Mittagstisch). Es sollte geklärt werden, wer sich wann und wie um die Kinder kümmert.

Wird das Trennungsjahr durch einen Versöhnungsversuch unterbrochen?

Das Gesetz will den getrennt lebenden Ehepartnern die Chance auf eine Versöhnung ermöglichen. Sie können während des Getrenntlebens versuchen wieder zusammen zu kommen, ohne befürchten zu müssen, die laufende Frist des Trennungsjahres zu unterbrechen (§ 1567 II BGB). Maßgeblich kommt es darauf an, die häusliche Gemeinschaft wiederherzustellen. Ein gemeinsamer Urlaub oder regelmäßiger Geschlechtsverkehr genügen dafür nicht.

Versöhnungsversuch bis drei Monate

Der Zeitraum für einen Versöhnungsversuch ist beschränkt. Spätestens nach drei Monaten Zusammenleben vermutet die Rechtsprechung, dass der Trennungswunsch nicht mehr besteht. Scheitert der Versöhnungsversuch, verlängert der Zeitraum der Versöhnung die Trennungsfrist nicht. Es ist so, als ob die Partner nicht wieder zusammen gelebt hätten.

Scheidung ohne Trennungsjahr

In Härtefällen, etwa bei Alkoholismus, physischer und psychischer Gewalt zwischen den Eheleuten oder bestimmten Fällen von Untreue kann in Ausnahmefällen auch eine Scheidung ohne Trennungsjahr durchgeführt werden. Lesen Sie mehr zur Härtefallscheidung.

Wie läuft das Trennungsjahr ab?

Nachdem mind. einer der Eheleute den Trennungswunsch geäußert und beide eine Trennung des gemeinschaftlichen Haushalts veranlasst haben, beginnt das Trennungsjahr. In dieser Zeit leben die Ehegatten in voneinander getrennten Haushalten, auch wenn beide noch im selben Haus leben. Die Scheidung kann kurz vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht werden.

Wie wird das Trennungsjahr nachgewiesen?

Stimmen beide Ehegatten der Scheidung zu, wird die Einhaltung des Trennungsjahres nicht weiter geprüft. Das Gericht verlässt sich auf die übereinstimmenden Aussagen des Noch-Ehepaares und beginnt daraufhin mit dem Scheidungsverfahren. Will sich nur ein Ehepartner gegen den Willen des Partners trennen, muss er den Trennungstermin im Scheidungsantrag nachweisen.

Wann muss das Trennungsjahr nicht eingehalten werden?

In Härtefällen, wie etwa bei Gewalt in der Ehe, muss das Trennungsjahr nicht eingehalten werden.