Beim Elternunterhalt handelt es sich um eine Form des Verwandtenunterhalts, welcher aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland und der damit einhergehenden Änderungen in der Gesellschaft, die Lebensgrundlage für ältere pflegebedürftige Menschen sichern soll. Der Grundstein für Elternunterhalt wurde vom Bundesgerichtshof am 23.10.2002 mit der Entscheidung XII ZR 266/99 gelegt. Die Rechtsgrundlage bildet vor allem § 1601 und § 1602 Abs. 1 BGB.

- Das Wichtigste in Kürze
- +++ Angehörigen-Entlastungsgesetz – Neue Einkommensgrenze ab 2020 +++
- Warum soll ich Elternunterhalt zahlen?
- Voraussetzung
- Unterhaltspflicht gegenüber Eltern
- Dauer, Verwirkung und Verjährung
- Rangfolge im Unterhalt
- Verfahren
- Anzurechnende Einkünfte & Vermögen
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
- Selbstbehalt
- Schonvermögen
- Berechnung
- Anteilige Geschwisterhaftung
- Unterhalt für Schwiegereltern
- Erbschaft & Schenkung
- Elternunterhalt steuerlich absetzen
- Elternunterhalt im Ausland
- Elternunterhalt umgehen
Das Wichtigste in Kürze
Wer muss Elternunterhalt zahlen?
Grundsätzlich können sowohl leibliche als auch adoptierte Kinder mit einem Einkommen von über 100.000 Euro jährlich zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet sein. Stief- und Pflegekinder sind in der Regel nicht zahlungspflichtig. Kinder können zudem von der Unterhaltspflicht befreit werden, wenn ihnen eine Zahlung auf Grund unbilliger Härte nicht zugemutet werden kann.
Wann muss ich Elternunterhalt zahlen?
Durch den Erlass des Angehörigenentlastungsgesetzes können Kinder nur dann zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden, wenn ihr Einkommen mehr als 100.000 Euro im Jahr beträgt. Darüber hinaus steht Unterhaltspflichtigen ein Selbstbehalt von 2.000 Euro monatlich für Alleinstehende und 3.600 Euro für Ehepaare zu.
Wie hoch ist das Schonvermögen beim Elternunterhalt?
Der Schonbetrag beim Elternunterhalt beträgt regelmäßig 5.000 Euro Barvermögen (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, § 1 Barbetragsverordnung). Hinzu kommen Vermögenswerte wie etwa
– angemessenes Wohneigentum
– angemessene Altersvorsorge
– Aufwendungen für Berufsausbildung
und weitere.
+++ Angehörigen-Entlastungsgesetz – Neue Einkommensgrenze ab 2020 +++
Der Bundestag hat das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) am 07.11.2019 beschlossen. Diese regelt den Elternunterhalt ab 2020 neu, wodurch viele pflegende Angehörige ab dem nächsten Jahr finanziell entlastet werden.
Das Gesetz sieht eine neue Einkommensgrenze ab 1. Januar 2020 in Höhe von 100.000 Euro Brutto vor, wodurch sich Kinder schätzungsweise in 90 Prozent aller Fällen nicht mehr an den Pflegekosten für ihre Eltern beteiligen müssen.
Wichtig: Es gilt weiterhin, dass grundsätzlich auch Vermögen und Einkünfte aus Vermögen für Elternunterhalt heranzuziehen ist. Wenn das Einkommen unter der 100.000 Euro Grenze liegt, diese jedoch mit verwertbarem Vermögen überstiegen wird, haftet das Kind ggfs. mit einem Teil dieses Vermögens.
Alle Änderungen und Auswirkungen des neues Gesetzes werden wir fortlaufend in unseren Artikeln zum Elternunterhalt anpassen.
Was zählt als Einkommen?
Als Einkommen wird das gesamte Jahresbruttoeinkommen gezählt. Dazu zählen auch sonstige Einnahmen wie aus Vermietung, Verpachtung oder Wertpapierhandel. Vermögen wird nicht berücksichtigt.
Rückzahlung von Elternunterhalt nicht möglich
Die neue Regelung gilt erst zum ersten Januar 2020, wodurch kein Anspruch auf Rückzahlung von vor diesem Zeitpunkt geleistetem Elternunterhalt besteht.
Warum soll ich Elternunterhalt zahlen?
Eine steigende Lebenserwartung erhöht die Anzahl der Menschen mit Pflegebedürftigkeit. Die Deutschen werden immer älter. In den nächsten zehn Jahren steigt die Zahl der Pflegebedürftigen laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden in Deutschland auf knapp 3,5 Millionen an, was einen Anstieg von rund 35 Prozent bedeuten würde.
Lücke zwischen Bedarf und Pflege
Weniger Menschen zahlen wegen stetigem Geburtenrückgang in die Sozialsysteme ein, weswegen eine Lücke zwischen Bedarf an Pflegegeld und der Leistungsfähigkeit der Pflegeversicherungen entsteht.
Unbezahlbare Vollpflege – Elternunterhalt als letztes Mittel
Die Pflegeversicherung kann eine Vollpflege oft nicht komplett abdecken. Aus den genannten Gründen müssen immer mehr Menschen mit unzureichender Rente und nicht ausreichender Pflegeversicherung, Grundsicherung beantragen.
Können Rente, Pflegeversicherung, Grundsicherung und sonstige Einkommen die Pflegekosten nicht abdecken, kommt das Sozialamt zum Einsatz und zahlt zunächst den nicht gedeckten Bedarf. Schließlich können die vom Sozialamt gezahlten Kosten vom Unterhaltsverpflichteten als Elternunterhalt zurückgefordert werden.
Der zuständige Träger wird in diesem Fall Auskunft über Einkünfte und Vermögen der Kinder anfordern, um die Höhe des Unterhalts zu ermitteln. Die eigenen Kinder sind sowohl über Einkünfte als auch über Vermögen gegenüber ihren Eltern unterhaltspflichtig.
Voraussetzung
Damit ein bedürftiges Elternteil tatsächlich Anspruch auf Elternunterhalt geltend machen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Ausschlaggebend ist unter anderem der Grad der Bedürftigkeit des Elternteils, sowie die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Kinder.
weitere Informationen: Anspruch & Voraussetzung
Unterhaltspflicht gegenüber Eltern
Wer muss Elternunterhalt zahlen? Leibliche Kinder, Adoptivkinder und enterbte Kinder können situationsabhängig in die Unterhaltspflicht geraten. Ebenso verhält es sich mit Kindern im Rentenalter.
weitere Informationen: Unterhaltspflicht
Dauer, Verwirkung und Verjährung
Die Unterhaltspflicht gegenüber den eigenen Kindern endet meist mit Volljährigkeit des Kindes bzw. Abschluss einer Berufsausbildung. Elternunterhalt muss hingegen gezahlt werden, so lange das betroffene Elternteil bedürftig ist – meist bis zu seinem Lebensende. Zudem kann der Anspruch auf Elternunterhalt verjähren, wenn der Unterhaltsanspruch bzw. Unterhaltsrückstand vom Unterhaltsberechtigten nicht geltend gemacht wird.
weitere Informationen: Dauer, Verwirkung und Verjährung
Rangfolge im Unterhalt
Bedürftige Eltern befinden sich meist schon im Rentenalter. Ihre erwachsenen Kinder haben bereits selbst Familien gegründet. Konkurrierende Unterhaltsansprüche können jedoch ausgeschlossen werden: Denn die gesetzliche Rangfolge für Unterhaltsverpflichtungen schreibt vor, wer Priorität bezüglich Unterhaltszahlungen genießt.
weitere Informationen: Rangfolge
Verfahren
Elternunterhalt ist keine Leistung, welche etwa beim Sozialamt beantragt werden kann. Vielmehr ist es eine, vom Sozialamt berechnete Leistung, die ein Kind einem Elternteil monatlich zukommen lässt. Der Weg von Bedürftigkeitsprüfung zur Zahlung vom Elternunterhalt kann im Zweifelsfall jedoch auch über die Gerichte laufen.
weitere Informationen: Verfahren
Anzurechnende Einkünfte & Vermögen
Wie viel Elternunterhalt einem Elternteil zusteht, ist von seiner persönlichen Lebensstellung, verfügbaren Einkünften und Vermögen abhängig. Unter anderem werden Renten, Pensionen und Kapitalvermögen auf den individuellen Bedarf angerechnet.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Wussten Sie, dass der Anspruch auf Grundsicherung gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines Elternteils vorrangig ist? In der Regel wird Grundsicherung beim örtlichen Sozialhilfeträger beantragt.
weitere Informationen: Grundsicherung im Alter
Selbstbehalt
Dem Unterhaltspflichtigen wird per Gesetz ein festgeschriebener Betrag an Selbstbehalt zugesprochen, welcher je nach Familienstand variiert. Der Selbstbehalt ist Unterhaltsansprüchen gegenüber unantastbar.
weitere Informationen: Selbstbehalt
Schonvermögen
Wohneigentum, Altersvorsorge und private Rücklagen bleiben in einem gewissen Maße bei der Berechnung von Elternunterhalt unberücksichtigt bzw. “verschont”.
weitere Informationen: Schonvermögen
Berechnung
Als Grundlage für die Berechnung des Elternunterhaltes dient das bereinigte Nettoeinkommen. Davon werden Schonvermögen, Selbstbehalt und sonstige Freibeträge abgezogen.
weitere Informationen: Berechnung
Anteilige Geschwisterhaftung
Hat ein bedürftiges Elternteil mehrere Kinder, so haften alle Kinder anteilig – sofern diese leistungsfähig sind. Für die Berechnung der anteiligen Haftung ist per Gesetz eine Haftungsquote festgesetzt.
weitere Informationen: Anteilige Geschwisterhaftung
Unterhalt für Schwiegereltern
Der eigene Ehepartner ist auch den Schwiegereltern gegenüber indirekt unterhaltspflichtig. Bei verheirateten Paaren wird Elternunterhalt vom Familieneinkommen abgerechnet. Zudem wird bei Ehepaaren pauschal von einer zehn prozentigen Haushaltsersparnis ausgegangen.
weitere Informationen: Elternunterhalt für Schwiegereltern
Erbschaft & Schenkung
Wird ein Elternteil unerwartet bedürftig, können Schenkungen der Eltern an das Unterhaltspflichtige Kind, die vor weniger als 10 Jahren getätigt wurden, vom Sozialamt zur Deckung der Kosten in einigen Fällen eingefordert werden. Ähnlich verhält es sich mit Erbe.
weitere Informationen: Erbschaft und Schenkung
Elternunterhalt steuerlich absetzen
Unter bestimmten Bedingungen kann der Unterhaltspflichtige Ausgaben für Elternunterhalt steuerlich als außergewöhnliche Belastung absetzten. Darin enthalten sind Pflege- und Betreuungsleistungen von Heimen oder Pflegediensten.
weitere Informationen: Steuerliche Absetzbarkeit
Elternunterhalt im Ausland
Für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen ist es irrelevant, ob Elternteil oder Kind seinen dauerhaften Wohnsitz ins Ausland verlagert hat. In der Unterhaltsangelegenheit gilt das deutsche Unterhaltsrecht, sofern die Beteiligten die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Elternunterhalt umgehen
In Ausnahmefällen können Sie die Zahlung von Elternunterhalt umgehen. Bei Härtefall kann Widerspruch eingelegt werden.
weitere Informationen: Widerspruch einlegen – Unbillige Härte
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Zuletzt aktualisiert: 18.11.2020