Im Versorgungsausgleich werden unterschiedlich hohe Rentenanwartschaften zwischen Ehegatten jeweils hälftig aufgeteilt. Haben die Partner den Versorgungsausgleich nicht im Ehevertrag oder in einer Scheidungsfolgenvereinbarung ausgeschlossen, wird er automatisch vom Familiengericht vorgenommen – doch die scheidungswilligen Partner müssen mitwirken. Insgesamt ist das Versorgungsausgleichsverfahren sehr zeitintensiv, da viele verschiedene Stellen tätig werden müssen.
Wie verläuft das Versorgungsausgleichsverfahren?
Nachdem einer der scheidungswilligen Ehegatten den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht eingereicht hat, beginnt das Gericht mit der Klärung der Scheidungsfolgesachen. Dazu gehört auch der Ausgleich von Versorgungsanrechten.
Wenn der Versorgungsausgleich nicht von den Partnern ausgeschlossen wurde, wird er automatisch vom Familiengericht vorgenommen. Dafür benötigt es jedoch einige Informationen von den Ehegatten: Bei welchen Versicherungsträgern bestehen Rentenanwartschaften? Wie hoch sind diese?

1. Familiengericht versendet Fragebögen zu Rentenanwartschaften
Damit das Gericht an die notwendigen Informationen kommt, versendet es an beide Eheleute amtliche Fragebögen zum Versorgungsausgleich. Hier müssen alle Rententräger und Rentenanwartschaften angegeben werden. Üblicherweise wird den Eheleuten für das Ausfüllen und Zurücksenden eine Frist von vier Wochen eingeräumt.
Der amtliche Fragebogen muss in dreifacher Ausfertigung ausgefüllt werden:
- Ein Fragebogen geht an das Gericht,
- einer an den Noch-Ehepartner,
- eine Ausfertigung verbleibt bei einem selbst.
Nachdem das Gericht die Unterlagen ausgefüllt zurückbekommen hat, schreibt es die verschiedenen Träger an und bittet um Übermittlung des derzeitigen Rentenanspruchs und des Versicherungsverlaufs.
Was passiert, wenn ein Ehegatte die Fragebögen für den Versorgungsausgleich nicht ausfüllt?
Nach § 4 das Versorgungsausgleichsgesetz sind beide Partner dazu verpflichtet, einander die notwendigen Auskünfte zur Ermittlung des Versorgungsausgleichs zu erteilen. Wenn nun ein Ehepartner das Versorgungsausgleichsverfahren verzögert, indem er Unterlagen nicht einreicht oder Fragen nicht beantwortet, wird das Gericht demjenigen eine Frist setzen und gleichzeitig ein Zwangsgeld androhen.
In den meisten Fällen reagiert der Ehepartner dann. Sollte er die Frist jedoch verstreichen lassen, wird tatsächlich ein Zwangsgeldbeschluss erlassen. Wenn der Partner auch diese letzte Frist verstreichen lässt, wird Zwangsgeld oder sogar Zwangshaft festgesetzt.
Generell gilt: Ohne Rentenauskünfte kann das Familiengericht keinen Versorgungsausgleich festsetzen. Dadurch zieht sich das Scheidungsverfahren also nur unnötig in die Länge.
2. Rentenversicherungsträger erstellt Übersicht über Versicherungskonto
Die Rententräger haben nun die Aufgabe, eine Übersicht über das Rentenkonto ihres Versicherten zu erstellen. Sollten sich Lücken im Versicherungskonto befinden, schreibt der Rentenversicherungsträger seinen Versicherten an und bittet um Aufklärung der Versicherungslücken.
Info: Zu Lücken im Versicherungskonto kommt es beispielsweise, wenn der Versicherte arbeitslos ohne Bezug von Arbeitslosengeld I oder II gewesen ist oder nach der Elternzeit weiterhin zuhause geblieben ist.
Wenn das Versicherungskonto keine klärungsbedürftigen Lücken aufweist oder sich die Versicherungslücken mittlerweile geklärt haben, kann der Rententräger die benötigte Versicherungsübersicht erstellen. Aus dieser geht der derzeitige Rentenanspruch und der Versicherungsverlauf im Detail hervor.
3. Familiengericht erstellt modifizierten Rentenverlauf
Das Familiengericht erhält die Übersicht für alle Rentenanwartschaften beider Ehegatten. Da in dem Versicherungsverlauf meist jedoch auch Versicherungszeiten vor der Ehe aufgeführt sind, muss das Gericht einen modifizierten Rentenverlauf erstellen. Denn für den Versorgungsausgleich sind nur die in der Ehe aufgebauten Rentenanwartschaften relevant.
4. Ehegatten überprüfen Rentenanwartschaften
Anschließend wird zur Überprüfung der modifizierte Rentenverlauf an den jeweils anderen Ehepartner (bzw. seinen vertretenden Anwalt) gesendet.
Tipp: Beide Ehepartner sollten gut überprüfen, ob der jeweils andere Ehepartner auch wirklich alle relevanten Rentenversicherungen angegeben hat. Denn in der heutigen Zeit bestehen meist mehrere Rentenversicherungen bei unterschiedlichen Trägern. Da kann es passieren, dass – unabsichtlich! – wichtige Versicherungen vergessen wurden, anzugeben.
5. Familiengericht vollzieht Ausgleich der Rentenanwartschaften
Sofern beide Ehepartner mit dem Rentenverlauf und dem Rentenanspruch des anderen Ehepartners einverstanden sind, kann das Familiengericht mit dem Ausgleich der verschiedenen Rentenanwartschaften beginnen. Wie der Versorgungsausgleich im Detail vorgenommen wird, erfahren Sie unter Versorgungsausgleich.
6. Beschluss über Versorgungsausgleich
Am Ende entscheidet das Familiengericht mit einem Beschluss über den Versorgungsausgleich, welcher beiden Ehepartnern und dem jeweiligen Rententräger schriftlich zugesandt wird. Aus diesem geht entsprechend hervor, welche Rentenanwartschaften in welcher Form ausgeglichen werden müssen.
Wortlaut aus einem Beschluss zum Versorgungsausgleich:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versicherungsnummer XX XXXXXX X XXX zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 3 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto XX XXXXXX X XXX bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland übertragen.
Beschwerde gegen Beschluss einreichen
Sollten die Ehegatten mit dem Beschluss nicht einverstanden sein, haben sie die Möglichkeit, innerhalb eines Monats beim zuständigen Familiengericht (§ 64 FamFG) eine Beschwerde gegen den Beschluss einzureichen. Das Oberlandesgericht wird dann als zweite Instanz über den Versorgungsausgleich entscheiden.
7. Letzte Instanz: Rechtskraftmitteilung
Erfolgt innerhalb eines Monats keine Beschwerde gegen den Beschluss, versendet das Familiengericht als letzten Schritt eine Rechtskraftmitteilung über den Versorgungsausgleich. Dadurch ist der Versorgungsausgleich rechtskräftig. Die jeweiligen Rententräger werden den beschlossenen Versorgungsausgleich nun auf das begünstige Rentenkonto des anderen Ehepartners übertragen.
Solange sich die Partner nicht in Rente befinden, merken sie die Umbuchung der Rentenanwartschaften gar nicht. Die Übertragung kann allerdings der nächsten übersandten Rentenauskunft des Rententrägers entnommen werden.
Wie lange dauert das Versorgungsausgleichsverfahren?
Vorausgesetzt, das Ehepaar füllt den Fragebogen des Gerichts zügig aus und beantwortet eventuelle Fragen der Rentenversicherungsträger, dauert das Versorgungsausgleichsverfahren ca. vier bis fünf Monate.
Titelbild: Tolikoff Photography / shutterstock.com