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Nachehelicher Unterhalt – nach Scheidung

Soll eine bestehende Ehe geschieden werden, müssen eine Menge Dinge geregelt werden. Darunter fällt auch, ob ein Anspruch auf Unterhalt nach der rechtskräftigen Scheidung besteht. Nachehelicher Unterhalt ist grundsätzlich – unter Berücksichtigung der Erwerbsobliegenheit – eine Ausnahme und wird nicht automatisch gewährt. Er muss entweder von einem Gericht individuell und als Einzelfallentscheidung festgestellt oder in einem Ehevertrag oder einer Unterhaltsvereinbarung zwischen den Ehepartnern vereinbart werden. Eine Tabelle mit festen Beträgen, wie die Düsseldorfer Tabelle für den Kindesunterhalt, gibt es beim Ehegattenunterhalt nicht.

Kinder haben Vorrang

Sind Kinder vorhanden, für die Kindesunterhalt gezahlt werden muss, ist der geschiedene Ehegatte nachrangig zu bedienen. In den meisten Fällen wird es also darauf hinauslaufen, dass mangels Leistungsfähigkeit kein Ehegattenunterhalt anfällt, da der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen unterschritten würde.

Nachehelicher Unterhalt ist die Ausnahme

Die Eheleute müssen dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechend nach Beendigung der Ehe selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen, denn nachehelicher Unterhalt soll stets die Ausnahme bleiben. Diese Ausnahme liegt nur dann vor, wenn einer der Ehegatten außerstande ist der Erwerbsobliegenheit nachzukommen und sich selbst zu versorgen.

Erwerbsobliegenheit beider Ehegatten

Beide Ehegatten sind verpflichtet eine zumutbare Erwerbstätigkeit aufzunehmen, also eine Tätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Alter und dem Gesundheitszustand entspricht.

Dies gilt auch wenn z. B. ein Ehepartner während der Ehe keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Besteht diese Möglichkeit aufgrund bestimmter Unterhaltstatbestände nach der Scheidung nicht, entstehen Ansprüche auf Geschiedenenunterhalt.

Ehedauer und wirtschaftliche Situation als Kriterium

Berücksichtigt wird bei der Beurteilung der Ansprüche immer die individuelle Gesamtsituation der Ehegatten. So verhindert eine lange Ehedauer von mehr als 20 Jahren oft eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung der ggfs. bestehenden Unterhaltsansprüche, da sich aus der langen Ehe oftmals eine enge wirtschaftliche Verflechtung beider Partner ergeben hat.

Davon ist bei kürzerer Ehedauer von beispielsweise 3 oder 4 Jahren oder geringerem Alter der Ehegatten nicht im selben Maße auszugehen, was zu einer Befristung ggfs. bestehender Unterhaltsansprüche auf wenige Jahre führen kann.

Beispiel: Ein Chefarzt und seine Frau lassen sich nach 30 Jahren Ehe scheiden. Die Frau hat vor der Ehe nur ein paar Jahre als Krankenschwester gearbeitet und war während der Ehe Hausfrau und Mutter, die gemeinsamen Kinder sind mittlerweile erwachsen.
Hat die Ehefrau nach der Scheidung Anspruch auf Ehegattenunterhalt?
Ja, die Ehefrau hat nach der Scheidung Anspruch auf unbegrenzten Unterhalt, da sie während der gesamten Ehezeit zugunsten der Erziehung gemeinsamer Kinder und Führung des gemeinsamen Haushalts keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, weshalb von einer dauerhaften Absicherung durch die Erwerbstätigkeit des Mannes ausgegangen werden konnte. (BGH-Urteil vom 20. März 2013 – XII ZR 72/11)

Wann ist ein Ehegatte unterhaltsberechtigt?

Unterhaltsanspruch wegen Bedürftigkeit

Wurde in Unterhaltsvereinbarung oder Ehevertrag nichts anderes vereinbart, ist ein ehemaliger Ehepartner unterhaltsberechtigt, wenn er bedürftig ist, also nicht in der Lage ist seinen Lebensbedarf eigenständig zu decken.

Dieser Umstand muss auf gesetzlich definierten Situationen basieren, die aus der Ehe resultieren, damit ein gerichtlicher Anspruch auf Unterhalt erwirkt werden kann, wie bspw. Unterhalt zur Betreuung gemeinsamer Kinder oder Unterhalt wegen Alters, Krankheit oder Erwerbslosigkeit (siehe Gründe für nachehelichen Unterhalt).

Der eheliche Lebensstandard ist maßgebend

Der Lebensbedarf umfasst die elementaren Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Wohnung und Freizeit sowie Kosten für Ausbildung und Krankenversicherung. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich am Lebensbedarf unter Berücksichtigung des Lebensstandards in der Ehe (§ 1578 BGB). Der unterhaltsberechtigte Lebenspartner soll auf demselben Standard weiterleben können.

Um diesen zu definieren dient das verfügbare Familieneinkommen nach Abzug von Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Aufwendungen für Vermögensbildung und ggfs. Kindesunterhalt als Maßstab. Kann der Unterhaltsberechtigte diesen Bedarf aus eigenem Einkommen und Vermögen selbst decken, besteht kein Unterhaltsanspruch.

Beispiel: War die Chefarztgattin in der bestehenden Ehe regelmäßig in Feinkostläden Lebensmittel einkaufen, kann sie das als Unterhaltsberechtigte auch in Zukunft tun. Die höheren Aufwendungen für Nahrungsmittel gehören demnach zum Lebensstandard in der Ehe, der beibehalten werden soll.

Bei Bürgergeld Bezug: Anrechnung des Unterhalts auf Regelsatz

Bedürftigkeit, also den eigenen Lebensbedarf nicht decken zu können, ist Voraussetzung für den Bezug von Bürgergeld, früher Hartz IV. Wird nachehelicher Unterhalt durch den Ehegatten geleistet, zählt dies als Einkommen und ist relevant zur Beurteilung der bestehenden Bedürftigkeit. Die tatsächlich geleistete Unterhaltszahlung wird vollständig auf den Regelsatz angerechnet und kann zu Reduzierung oder bei entsprechender Höhe gänzlichem Wegfall der Zahlung durch das Jobcenter führen.

Beispiel: Eine alleinstehende Hartz IV Empfängerin ohne weiteres Einkommen bekommt nachehelichen Unterhalt vom Ex-Mann in Höhe von 180 Euro. Durch die Anrechnung des Unterhalts auf den Regelsatz in Höhe von 502 Euro bleiben 322 Euro übrig, die vom Jobcenter gezahlt werden.

Wer ist nach der Scheidung unterhaltspflichtig?

Sofern es nicht in Ehevertrag oder Unterhaltsvereinbarung anderweitig vereinbart wurde, kann ein Ehegatte nur gerichtlich zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet werden, wenn er leistungsfähig ist. Dies ist gegeben, wenn sein regelmäßiges bereinigtes Nettoeinkommen über dem Eigenbedarf von 1.510 Euro monatlich liegt.

Bereinigtes Nettoeinkommen bezeichnet das Einkommen, das nach gesetzlichen Abzügen (Lohnsteuer, Kranken- und Rentenversicherung) und Abzug von regelmäßigen Verbindlichkeiten und Arbeitsaufwendungen vorhanden ist. Nur den Eigenbedarf übersteigendes Nettoeinkommen ist leistungsfähig. Ist das Nettoeinkommen geringer als der Selbstbehalt, kann kein Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden. Lesen Sie mehr zum Thema Selbstbehalt.

Beispiel: Der Ehegatte hat ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro. Für das gemeinsame Kind im Alter von 2 Jahren wird Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle (unter Abzug des halben Kindergeldes) in Höhe von 334 Euro gezahlt, was zu einem Rest-Einkommen in Höhe von 1.666 Euro führt. Unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes in Höhe von 1.510 Euro kann nur der Differenzbetrag in Höhe von 156 Euro für den nachehelichen Unterhalt berücksichtigt werden.

Übrigens: Für den Bezug von Bürgergeld ist Bedürftigkeit Grundvoraussetzung, also die mangelnde Möglichkeit den Lebensunterhalt selbst zu decken. Grundsätzlich sind Bürgergeld-Empfänger demnach nicht leistungsfähig, da die Sozialleistung als Sicherung des eigenen Lebensunterhalts dienen soll und nicht gekürzt werden darf. (Urteil des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen, Januar 2016, Az. L 6 AS 1200/13)

Rechner für den Unterhalt nach Scheidung

Mit unserem Rechner können Sie den Ehegattenunterhalt berechnen. Dabei werden 5% des monatlichen Nettoeinkommens als berufsbedingte Kosten berücksichtigt und automatisch abgezogen. Haben Sie höhere Aufwendungen als diese 5%, wie erhöhte Werbungskosten (z. B. durch Fahrtkosten) oder Kreditraten für bspw. ein Eigenheim, so müssen diese im Feld unter dem Einkommen eingetragen werden.

Wann ist der Unterhaltsanspruch unzumutbar?

Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wird reduziert, zeitlich begrenzt oder entfällt komplett, wenn er aus folgenden Gründen unbillig – nicht zumutbar – wäre:

  • Kurze Ehedauer von bis zu drei Jahren.
  • Der Unterhaltsberechtigte befindet sich in einer neuen verfestigten Partnerschaft, die bereits mindestens ein Jahr andauert, in der größere gemeinsame Investitionen wie der Kauf von Immobilien getätigt werden oder generell gemeinsam gewirtschaftet wird.
  • Der Unterhaltsberechtigte hat sich eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Unterhaltspflichtigen oder naher Angehöriger dessen schuldig gemacht wie z. B. Gewaltverbrechen, Diebstahl, Psychoterror oder Unterschlagung.
  • Der Unterhaltsberechtigte hat seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt, z. B. durch Aufgabe einer zumutbaren Berufsausbildung oder Vermögensverschwendung.
  • Der Unterhaltsberechtigte hat sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt, z. B. wissentliche Verschwendung des gemeinsamen Vermögens.
  • Der Unterhaltsberechtigte hat seine Unterhaltspflicht gegenüber der gemeinsamen Familie vor der Trennung längere Zeit gröblich verletzt, indem er z. B. den gemeinsamen Haushalt vernachlässigt hat.
  • Dem Unterhaltsberechtigten wird ein offensichtlich schwerwiegendes und eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Unterhaltsverpflichteten zur Last gelegt, z. B. Untreue.

Gründe für Geschiedenenunterhalt – Formen des nachehelichen Unterhalts

Der Gesetzgeber hat zur Regelung der Ansprüche auf Unterhalt nach Scheidung einige Gründe und Formen des Unterhalts definiert. Wurden keine anderweitigen Vereinbarungen in Ehevertrag, Scheidungsfolgenvereinbarung oder Unterhaltsvereinbarung getroffen, kann nachehelicher Unterhalt nur bei Bestehen der folgenden Unterhaltstatbestände beantragt werden.

Unterhalt zur Kindesbetreuung

Der Unterhalt wegen Kindesbetreuung ist in § 1570 BGB gesetzlich geregelt. Das Gesetz besagt, dass ein Ehepartner für die Betreuung und Erziehung eines Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen kann.

Wichtig: Die Ehe ist keine Voraussetzung für Betreuungsunterhalt, dieser steht auch betreuenden Elternteilen von nichtehelichen Kindern zu.

Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass ab dem Kindesalter von 3 Jahren keine persönliche Betreuung mehr notwendig ist und der betreuende Elternteil sich wieder um den Lebensunterhalt kümmern kann. Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs ist möglich, wenn z. B. vorerst nur eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt werden kann oder aufgrund einer Behinderung des Kindes erhöhter Pflegebedarf besteht.

Unterhalt wegen Alters

Kann zum Zeitpunkt der Scheidung altersbedingt keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden, besteht Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB). Dabei wird mangels festgelegter Altersgrenze zum einen das Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters berücksichtigt, zum anderen aber auch vor Renteneintritt die fehlende Möglichkeit aufgrund des Alters eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden.

Angemessen ist eine Tätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Alter und dem Gesundheitszustand entspricht. Kann altersbedingt nur eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen werden, besteht Anspruch auf Unterhalt, bis der volle Bedarf entsprechend des ehelichen Lebensstandards gedeckt ist (siehe Aufstockungsunterhalt).

Beispiel: Eine frisch geschiedene Frau im Alter von 55 Jahren hat vor der 30-jährigen Ehe als Pferdepflegerin gearbeitet. Die schwere körperliche Arbeit bei der Pflege und Betreuung der Tiere ist ihr durch ihren Gesundheitszustand bedingt durch das Alter nun nicht mehr zuzumuten, weshalb Anspruch auf Altersunterhalt besteht.

Unterhalt wegen Krankheit und Gebrechen

§ 1572 BGB gewährt Unterhaltsansprüche, wenn zum Zeitpunkt der Scheidung und nach Wegfall anderer Unterhaltsansprüche aufgrund von Krankheit, anderer Gebrechen oder Schwäche der körperlichen und geistigen Kräfte die Aufnahme eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Zu solchen Erkrankungen zählen beispielweise Multiple Sklerose, Krebserkrankungen, Depression und Suchterkrankungen.

Um den Unterhaltsanspruch zu begründen, muss regelmäßig ein Nachweis durch ein ärztliches Gutachten erbracht werden, das den konkreten Beginn (im Idealfall zum Zeitpunkt der Scheidung) und die Auswirkung der Erkrankung auf die Erwerbstätigkeit beinhaltet. Weiterhin besteht die Verpflichtung, die vorliegende Erkrankung soweit wie möglich behandeln zu lassen, sofern dies zumutbar (gefahrlos, schmerzfrei und aussichtsreich) ist.

Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und zur Aufstockung

Ist für den geschiedenen Ehegatten trotz aller Bemühungen keine zumutbare Erwerbstätigkeit zu finden oder reichen die Einkünfte aus der aufgenommenen Tätigkeit nicht aus um den gemeinsam erwirtschafteten ehelichen Lebensstandard beizubehalten, bestehen nach § 1573 BGB Unterhaltsansprüche.

Wichtig ist, dass bei Erwerbslosigkeit Bemühungen um einen Arbeitsplatz nachgewiesen werden können. Es besteht zudem die Verpflichtung jede angemessene Erwerbstätigkeit anzunehmen, also jede Tätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Alter und dem Gesundheitszustand entspricht.

Wird entgegen der bestehenden Möglichkeit keine Tätigkeit aufgenommen, kann ein fiktives Einkommen in Höhe des voraussichtlich erzielten Einkommens angerechnet werden, wodurch der Unterhaltsanspruch begrenzt wird oder gänzlich entfällt. Wurde eine Tätigkeit aufgenommen, die aber kurz nach der Scheidung wieder gekündigt wurde, besteht erneut Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, da es sich nicht um einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz handelte.

Beispiel: Kurz nach der rechtskräftigen Scheidung nimmt die Frau eine Tätigkeit in einem kleinen Unternehmen an, weshalb der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit erlischt. Einige Wochen nach der Scheidung muss das Unternehmen jedoch Insolvenz anmelden und die Frau wieder entlassen. Der Arbeitsplatz konnte trotz Bemühungen der Frau nicht zur nachhaltigen Sicherung des Lebensunterhalts dienen, weshalb erneut Anspruch auf Unterhalt besteht.

Kommt es bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Aufstockung, weil das eigene Einkommen nicht ausreicht um den Lebensbedarf nach den ehelichen Verhältnissen zu decken, wird vom Unterhaltspflichtigen der Differenzbetrag zwischen Einkommen und Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten geleistet. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt besteht auch dann, wenn aufgrund von Kindesbetreuung oder Krankheit nur in Teilzeit gearbeitet werden kann und der Lebensbedarf deshalb nicht gedeckt ist.

Ausbildungsunterhalt

Zum Ausgleich ehebedingter Nachteile bestehen nach § 1575 BGB Ansprüche auf die Finanzierung einer Ausbildung, Umschulung oder Fortbildung, wenn aufgrund von bspw. Kindererziehung, Pflege des Partners oder seinen Angehörigen innerhalb der Ehe darauf verzichtet oder solch eine Maßnahme abgebrochen wurde. Nach der Scheidung kann diese oder eine anknüpfende Ausbildung, Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahme unter Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für den Ausbildungszeitraum wieder aufgenommen werden.

Die Maßnahme muss die nachhaltige Sicherung des Lebensunterhalts als Ziel haben. Sie muss also sicherstellen, dass der volle Lebensunterhalt bemessen an den ehelichen Verhältnissen nach Abschluss der Maßnahme in Ausübung der erlernten Tätigkeit eigenständig erwirtschaftet werden kann.

Beispiel: Innerhalb der Ehe hat eine gelernte Konditorin aufgrund der Schwangerschaft eine Ausbildung zur Konditormeisterin abgebrochen. Nach der Scheidung soll nun eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten begonnen werden. Da beide Berufe keinen Bezug zueinander haben, besteht kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Wird die Ausbildung zur Konditormeisterin wieder aufgenommen, besteht Bezug zur vorherigen Ausbildung und damit Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.

Billigkeitsunterhalt

§ 1576 BGB ermöglicht als Ausnahme zur Vermeidung von Härtefällen den Anspruch auf Billigkeitsunterhalt, wenn keiner der anderen Unterhaltstatbestände infrage kommt und vom Ehegatten aus schwerwiegenden Gründen keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Diese Gründe dürfen nicht den Gründen entsprechen, die zur Scheidung geführt haben.

Als schwerwiegende, nachzuweisende Gründe zählen bspw. die Erziehung eines innerhalb der Ehe gemeinsam aufgenommenen Pflegekindes oder eines Kindes des geschiedenen Partners (Stiefkind), die aufopfernde Pflege von Angehörigen des Partners oder die nachweisbare Mitverantwortung des Ehegatten an einer späteren Erwerbslosigkeit aufgrund von Krankheit. Kann der unterhaltspflichtige Ehepartner dem Anspruch auf Billigkeitsunterhalt nicht erfolgreich widersprechen, besteht dieser solange die Erwerbslosigkeit unzumutbar ist.

Beispiel: Innerhalb der Ehe sind die Eltern eines der Ehegatten pflegebedürftig geworden. Der andere Ehegatte hat seine Erwerbstätigkeit zurückgestellt oder aufgegeben um sich aufopfernd um die Eltern seines Ehegatten zu kümmern. Dies führt zu Unterhaltsansprüchen des pflegenden Ehepartners nach der Scheidung.

Besteht die Unterhaltspflicht bis ins Rentenalter?

Unterhalt Rente

Gehen unterhaltspflichtige Ex-Ehegatten in Rente, bleibt ein bestehender Anspruch auf Unterhalt nach einer Scheidung auch weiterhin bestehen. Dies gilt nicht nur für den Rentenbezug durch Erreichen des Renteneintrittsalters, sondern auch für den vorzeitigen Renteneintritt. Die Rente stellt das neue Einkommen dar und dient als Berechnungsgrundlage zur erneuten Ermittlung des zu leistenden Unterhalts.

Zu beachten ist, dass erneut die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu prüfen ist. Der monatliche Selbstbehalt für einen Vollrentner beträgt 1.385 Euro, als Unterhalt beansprucht werden kann also nur ein den Selbstbehalt übersteigenden Betrag.

Beide Ehegatten sind in Rente

Beziehen beide Ehegatten Rente, wird zur Ermittlung der Unterhaltsleistung der Halbteilungsgrundsatz genutzt: Der Differenzbetrag beider bereinigter Nettoeinkommen (um gesetzliche Abzüge und regelmäßige Verbindlichkeiten reduziertes Einkommen) wird dabei halbiert.

Berechnungsbeispiel:

Bereinigtes Nettoeinkommen Partner A1.500 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B1.120 €
Differenz=380 €
Unterhaltsbetrag nach Halbteilung190 €
Nach Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes liegt der Unterhaltsanspruch bei 190 €, 1.310 € verbleiben für den Unterhaltspflichtigen.

Nur ein Ehegatte bezieht Rente

Geht nur ein Ehepartner in Rente, erfolgt die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs nach der 45%-Methode, bei der aus der Nettoeinkommensdifferenz beider Einkommensbeträge der Ehegatten 45% ermittelt werden, die dem Unterhaltsberechtigten zustehen. Im nachfolgenden Berechnungsbeispiel bezieht Partner A bereits Rente, während Partner B noch erwerbstätig ist und ein geringes Einkommen bezieht.

Berechnungsbeispiel:

Bereinigtes Nettoeinkommen Partner A2.250 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B875 €
Differenz=1.375 €
45% der Differenz619 €
Bei einem Unterhaltsanspruch von 619 € verbleiben 1.631 € für den Unterhaltspflichtigen.

Unterhaltsansprüche bei Zuverdienst in der Rente

Verdient sich ein Rentner noch etwas dazu, wird der Zuverdienst auf sein Einkommen angerechnet. Dabei wird 1/7 vom Zuverdienst abgezogen und ergibt addiert mit dem Rentenbetrag das neue bereinigte Nettoeinkommen. Um den Unterhaltsanspruch zu ermitteln wird die 3/7-Methode genutzt, da bei mindestens einem der beiden Ehegatten Einkommen vorhanden ist. In unserem Berechnungsbeispiel verdient sich Partner B etwas dazu, während Partner A nur die Rente bezieht.

Berechnungsbeispiel:

Zuverdienst Partner B250 €
reduziert um 1/7215 €
Rente Partner B+875 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B=1.090 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner A2.250 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B1.090 €
Differenz=1.160 €
3/7 der Differenz497 €
Nach Einbezug des Zuverdienstes besteht ein Unterhaltanspruch von 497 €, während 1.753 € für den Unterhaltspflichtigen verbleiben.

Wichtig wenn es um Rentenansprüche im Falle einer Scheidung geht ist auch der Versorgungsausgleich, mit dem die gemeinsam während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften im Falle der Scheidung aufgeteilt werden um eine Benachteiligung zu vermeiden, die durch Aufgabe der Erwerbstätigkeit eines Partners innerhalb der Ehe bspw. zur Erziehung gemeinsamer Kinder entstanden ist.

Was ist der Unterschied zum Trennungsunterhalt?

Grafik zu den zwei Arten Ehegattenunterhalt

Trennungsunterhalt ist, wenn er per Ehevertrag, Unterhaltsvertrag etc. vereinbart oder gerichtlich festgestellt, innerhalb des Trennungsjahres zu zahlen.

Nach rechtskräftiger Scheidung kann Anspruch auf Geschiedenenunterhalt bestehen, sofern er in Unterhaltsvertrag, Scheidungsfolgenvereinbarung etc. vereinbart oder gerichtlich festgestellt wurde.

Wie hoch ist der nacheheliche Unterhalt?

Ist der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gerichtlich festgestellt worden, wird in der Regel die Differenz-Methode angewandt. Die Eheleute können allerdings in Ehevertrag oder Unterhaltsvereinbarungen abweichende Regelungen – auch Pauschalen – treffen.

Zuerst wird die Differenz aus beiden Netto-Einkommensbeträgen der Ex-Gatten berechnet. Seit dem 01. Januar 2022 werden dem Unterhaltsberechtigten 45% dieser Einkommensdifferenz zugesprochen. Bezieht der Unterhaltsberechtigte kein eigenes Einkommen stehen ihm zusätzlich 50% der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Unterhaltspflichtigen zu.

Berechnungsbeispiel:

Bereinigtes Nettoeinkommen Partner A2.900 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B1.250 €
Differenz=1.650 €
45% der Differenz742,50 €

Fazit: Partner B hat Partner A gegenüber einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 742,50 €. Da der Selbstbehalt von 1.510 € von Partner A nicht unterschritten wird, muss er den vollen Unterhalt leisten.

Alte Berechnungsmethode bis zum 31.12.2021

Bei der 3/7-Methode bzw. Differenzmethode wird die Differenz aus beiden Netto-Einkommensbeträgen der Ex-Ehepartner ermittelt. 3/7 dieses Differenzbetrages stehen dem Unterhaltsberechtigten zu, während der Unterhaltspflichtige 4/7 für sich behalten kann – der Selbstbehalt bildet dabei die Grenze der Leistungsfähigkeit.

Berechnungsbeispiel:

Bereinigtes Nettoeinkommen Partner A2.900 €
Bereinigtes Nettoeinkommen Partner B1.250 €
Differenz=1.650 €
3/7 der Differenz707,14 €

Fazit: Partner B hat Partner A gegenüber einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 707,14 €. Da der Selbstbehalt von 1.510 € von Partner A nicht unterschritten wird, muss er den vollen Unterhalt leisten.

Um den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung bereits vorab zu regeln und eine gerichtliche Klärung zu umgehen, empfiehlt sich der Abschluss eines Ehevertrages, eines Unterhaltsvertrags oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu Beginn oder auch noch während der Ehe. Die vertragliche Regelung der Scheidungsfolgen erleichtert die Abläufe und Einigungen im Falle einer Scheidung erheblich und stellt eine faire Behandlung beider Partner sicher, da beide sich zu diesem Zeitpunkt positiv und wohlwollend gegenüber stehen.

Was grundsätzlich als unterhaltrechtlich relevantes Einkommen zählt erfahren Sie unter Unterhaltsrechtliches Einkommen.

Wie lange wird nachehelicher Unterhalt gezahlt?

Unterhaltszahlungen erfolgen so lange, wie sie zwischen den Ehegatten vereinbart wurden oder vom Gericht im Unterhaltstitel festgelegt wurden (zeitliche Befristung).

Sollten sich die Anspruchsvoraussetzungen vor Ablauf des Titels bzw. Vereinbarung ändern, müsste ggfs. Änderungsklage erhoben werden. Ein pauschaler, lebenslanger Unterhaltsanspruch besteht grundsätzlich nicht.

Unterhaltsbegrenzung – Begrenzung und Wegfall des nachehelichen Unterhalts

Durch das neue Unterhaltsrecht sind die Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten neu gefasst. Auch dadurch soll ein Beitrag zur Eigenverantwortung der Eheleute nach Scheidung geleistet werden. Damit hat der Gesetzgeber erstmalig die Möglichkeit geschaffen, jeden Unterhaltsanspruch in der Höhe (auf den angemessenen Lebensbedarf) oder in der Zeit (Dauer der Zahlungsverpflichtung) zu begrenzen bzw. zu befristen. Im Übrigen ist es auch möglich eine gestaffelte Regelung vorzunehmen, d.h. Herabsetzung und Befristung können miteinander gekoppelt werden. Ob und inwieweit Gebrauch von dieser Begrenzungs- bzw. Befristungsmöglichkeit gemacht werden kann orientiert sich an dem Umstand, ob der unterhaltsbedürftige geschiedene Ehegatte sogenannte ehebedingte Nachteile erlitten hat.

Ausgleich für ehebedingte Nachteile

Eines der wesentlichen Ziele des nachehelichen Unterhaltsrechts ist es, einen Ausgleich für entstandene ehebedingte Nachteile zu schaffen. Auch im Rahmen dieser Vorschrift kommt klar zum Ausdruck, dass die Zeiten der „Lebensstandard-Garantie (Stichwort: Chefarzt-Gattin) mit der Neufassung abgeschafft sind. Ehebedingte Nachteile könnte der unterhaltsbedürftige Ehegatte beispielsweise erlitten haben aufgrund der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, und / oder wegen der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, sowie der Dauer der Ehe.

Berufliche Nachteile

Hat beispielsweise der Ehegatte erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen, indem er seine berufliche Karriere nicht in dem erforderlichen Maße vorangetrieben hat, wie es ohne die Ehe der Fall hätte sein können, steht dieser Umstand einer Unterhaltsbegrenzung entgegen.

Wirtschaftliche Abhängigkeit durch Ehedauer

Auch die Ehedauer ist nur dann maßgeblich, wenn durch sie eine ganz erhebliche wirtschaftliche Abhängigkeit des einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten entstanden ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist die Ehedauer ohne Bedeutung für die Weiterbegründung des Unterhaltsanspruchs.

Nach dem bisherigen Recht wurde der Ehedauer im Zusammenhang mit der Begründung eines Unterhaltsanspruchs wesentlich höhere Bedeutung zugemessen. Danach galt die Regel, dass mit zunehmender Ehedauer sich ein Unterhaltsanspruch bereits aus diesem Grunde ergibt. Damit ist jetzt Schluss.

Unterhaltsbefristung muss Grundsätzen der Billigkeit entsprechen

Sind hingegen ehebedingte Nachteile zu bejahen, kommt eine Unterhaltsbegrenzung nicht in Betracht. Eine Unterhaltsbegrenzung ist im Übrigen nur in dem Maße zulässig, wie es dem angemessenen Lebensbedarf entspricht, den der geschiedene Ehegatte ohne die Ehe unter realistischer Betrachtungsweise hätte erreichen können.

Auch eine Unterhaltsbefristung muss den Grundsätzen der Billigkeit entsprechen, d.h. auch hier kommt es wieder auf die ehebedingten Nachteile, wirtschaftlichen Verflechtungen, unter Umständen auf die Ehedauer etc. an. Es sind die gleichen Kriterien bei der Beurteilung heranzuziehen wie bei der Unterhaltsbegrenzung. Die Befristung führt dazu, dass der Anspruch nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt wird. Die Bestimmung der Länge des Unterhaltszeitraums ist reine Ermessenssache des Gerichts und abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Mit Ablauf der Befristung entfällt der Unterhaltsanspruch.

Wie lange hat man Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?

Wie lange Unterhalt nach einer rechtskräftigen Scheidung zu zahlen ist wird individuell und im Einzelfall vom Gericht entschieden oder von den Ehegatten in Ehevertrag oder Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegt. Beim Betreuungsunterhalt für Kinder gilt jedoch, dass dieser mind. bis zum dritten Lebensjahr des Kindes gezahlt werden muss.

Welche Voraussetzungen für nachehelichen Unterhalt?

Nach der Scheidung muss der wirtschaftlich besser gestellte Ehegatte unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltszahlung an den schlechter gestellten Ehegatten leisten: zur Kindesbetreuung, wegen Alters, wegen Krankheit und Gebrechen, wegen Erwerbslosigkeit, zur Aufstockung, als Ausbildungsunterhalt oder aus weiteren Gründen leisten. Um den zu zahlenden Unterhalt zu berechnen nutzen Sie unseren kostenlosen Onlinerechner!

Wie wird der Unterhalt nach der Scheidung berechnet?

Sofern dem Grunde nach ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt festgestellt wurde, wird seit 2022 folgende Methode angewandt: Aus beiden monatlichen Nettoeinkommen der Eheleute wird der Differenzbetrag gebildet, wovon 45% als Ehegattenunterhalt zu zahlen sind. Bis zum 31.12.2021 wurden von der Differenz 3/7 als Ehegattenunterhalt gezahlt.