UNTERHALT in der CORONA Krise – das gilt es zu beachten

Mann mit leerer Brieftasche aufgrund Corona Krise

Die Corona Krise ist mittlerweile in jeder Ecke des Landes angekommen. Doch während in den Medien Hilfspakete der Regierung für Unternehmen, Selbstständige und Arbeitnehmer gesprochen wird, darf man nicht vergessen, wie weit die Auswirkungen tatsächlich reichen. Denn treten massive Einkommensänderungen beim Unterhaltsschuldner auf, bekommt diese auch der Unterhaltsempfänger zu spüren.

Einkommen brechen weg

Enormer Ansturm auf Sozialleistungen wie Wohngeld und Not-Kinderzuschlag zeigt, dass bei vielen Menschen das Einkommen ganz oder teilweise weggebrochen ist. Dies reicht von Kürzungen des Einkommens durch Einführung des Kurzarbeitergeldes oder kompletter Wegfall durch Betriebsschließungen, beispielsweise Gastronomie.

Die Unterhaltshöhe berechnet sich bei Selbstständigen anhand des durchschnittlichen Einkommens der letzten drei Jahre, bei Angestellten bzw. abhängig Beschäftigten nach den letzten zwölf Monaten. Für Zeiten der Corona Krise natürlich kein gegenwärtiger Maßstab.

Kurzfristige Einkommenseinbußen beim Unterhaltsschuldner begründen keine Kürzung des Unterhalts, nötigenfalls muss der Barunterhalt aus Ersparnissen erbracht werden. Auch bei einer Abänderungsklage für eine Neuberechnung eines Unterhaltstitels müssen sich die wesentlichen Einkommenseinbußen über mehrere Monate hinziehen.

Unterschreitet das Einkommen den notwendigen Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners – beispielsweise wegen Kündigung, kann der Unterhalt ggfls. sogar ganz ausgesetzt werden. Aber auch wenn Kurzarbeit im Betrieb eingeführt wird oder sich das Einkommen durch andere betriebliche Maßnahmen reduziert, könnte der Unterhalt gekürzt werden. Vor der Kürzung oder Einstellung des Unterhalts sollte der Unterhaltsschuldner den Unterhaltsgläubiger unbedingt informieren.

Leistungsfähig sind Unterhaltsschuldner, wenn das Einkommen höher als der notwendige Selbstbehalt ist.

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Selbstbehalt als Grenze der Leistungsfähigkeit

Hat die Corona Krise eine Kündigung zu Folge und der Unterhaltsschuldner verliert seine Arbeit, so sinkt der Selbstbehalt von 1.160 Euro auf 960 Euro monatlich.

Unterhaltspflicht fürSelbstbehalt (in €)
Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder bis 21 Jahren (Unterhaltspflichtiger erwerbstätig)1.160
Minderjährige und privilegierte Volljährige bis 21 Jahren (Unterhaltspflichtiger nicht erwerbstätig)960
andere volljährige Kinder1.400
geschiedener Ehepartner sowie Mutter oder Vater eines nichtehelichen Kindes (Unterhaltspflichtiger erwerbstätig)1.280
geschiedener Ehepartner sowie Mutter oder Vater eines nichtehelichen Kindes (Unterhaltspflichtiger nicht erwerbstätig)1.180
Eltern (Elternunterhalt Selbstbedarf)2.000

Dauer der Einkommenseinbußen relevant

Die Corona Auswirkungen sind aber keine Blaupause dafür, die Unterhaltszahlungen grundsätzlich sofort zu kürzen oder einzustellen. Hier müssen im Zweifel die Dauern der Einkommenseinbußen berücksichtigt werden, um eine Abänderung der Höhe Unterhaltspflicht zu erwirken. Darüber hinaus muss sich der Rückgang des Einkommens über einen gewissen Zeitraum hinziehen, bevor überhaupt abgeändert werden kann – ein guter Anhaltspunkt wären beispielsweise Arbeitsausfälle aufgrund unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit – etwa sechs Wochen.

Erlischt der Unterhaltsanspruch in der Corona-Krise

Unterhaltsschuldner sind verpflichtet – soweit sie leistungsfähig sind – den Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen, weshalb ein Unterhaltsanspruch grundsätzlich nicht erlischt. Dieser kann sich aber, angepasst an die Einkommenssituation, reduzieren. Sollte das Einkommen des Unterhaltsschuldner über einen längeren Zeitraum den Selbstbehalt unterschreiten, sollte der Unterhaltsgläubiger (der das Kind betreuende Elternteil) ggfls. Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen.

Unterhaltsvorschuss für minderjährige Kinder

Zahlt der barunterhaltspflichtige Elternteil keinen Kindesunterhalt, besteht die Möglichkeit Unterhaltsvorschuss zu beantragen. Dieser beträgt für Kinder:

bis 31.12.2020

  • bis zum 6. Geburtstag: 165 Euro (369 Euro Mindestunterhalt – 204 Euro Kindergeld)
  • bis zum 12. Geburtstag: 220 Euro (424 Euro – 204 Euro)
  • bis zum 18. Geburtstag: 293 Euro (497 Euro – 204 Euro)

ab 01.01.2021

  • bis zum 6. Geburtstag: 174 Euro (393 Euro Mindestunterhalt – 219 Euro Kindergeld)
  • bis zum 12. Geburtstag: 232 Euro (451 Euro – 204 Euro)
  • bis zum 18. Geburtstag: 309 Euro (528 Euro – 204 Euro)
WICHTIG: Gemäß § 1614 BGB kann nicht auf Kindesunterhalt, ebenso wie auf den Trennungsunterhalt – weder ganz oder teilweise – für die Zukunft verzichtet werden. Träfen Eltern oder getrenntlebende Ehegatten eine solche Vereinbarung, beispielsweise um den Unterhaltsschuldner zu entlasten, wäre diese nichtig. Dies dient als Schutzmaßnahme, um nicht im Gegenzug Sozialleistungen zu beantragen.

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Mindesunterhalt gegenüber Minderjährigen

Gegenüber minderjährigen Kindern haben Unterhaltspflichtige eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Sie müssen also alles tun, um den Mindestunterhalt sicherzustellen. Dies geht soweit, dass auch die Verwertung des Vermögens – mit Rücksicht auf das eigene Schonvermögen – eine Rolle spielen könnte, um den Kindesunterhalt für Minderjährige sicherzustellen.

Keine festen Richtlinien zur Verwertung des Vermögens

In der Praxis gestaltet sich jedoch die Verwertung des Vermögens zur Deckung der Unterhaltspflichten schwierig, da es keine allgemeingültigen Richtlinien gibt. Daher richtet sich die Verwertung nach den Umständen des Einzelfalles. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Vermögen nicht verwertet werden muss, wenn es mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre, beispielsweise vorzeitige Auflösung eines Versicherungsvertrages. Ebenso muss angemessenes Wohneigentum nicht verkauft werden.

Auch müssen Barreserven des Unterhaltspflichtigen nicht zur Deckung des ausstehenden Unterhalts eingesetzt werden, sofern diese aus dem Selbstbehalt angespart wurden.

Aufnahme einer anderen / weiteren Erwerbstätigkeit

Im Regelfall kann von einem Unterhaltsschulder verlangt werden, Überstunden zu machen oder eine andere Erwerbstätigkeit aufzunehmen – z.B. Nebenjob –  um zumindest den Kindesunterhalt sicherzustellen. Angesichts der aktuellen Situation durch die Corona Krise und teilweisen Betriebsschließungen oder der Kontaktvermeidung mit anderen Menschen dürfte dies sehr schwierig bis unmöglich sein.

Vollstreckung bei Nichtzahlung möglich

Auch wenn Unterhaltsschuldner den Unterhalt vorerst wegen der Auswirkungen von Covid-19 aussetzen, erlöschen die Ansprüche beim Unterhaltsempfänger nicht. Insbesondere beim Vorliegen eines Unterhaltstitels könnten die Ansprüche auch gerichtlich vollstreckt werden, sofern der das Kind betreuende Elternteil das Vollstreckungsverfahren gegen den Unterhaltsschuldner einleitet.

Angesichts der aktuellen Situation würde dies aber nur höhere Kosten produzieren und die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens dürften – bis auf Ausnahmen – eher als gering einzuschätzen sein. Da es sich um eine Ausnahmesituation handelt, ist die Kommunikation der Eltern untereinander aktuell viel wichtiger als juristische Feinheiten.
Bosheiten und Zorn bringen aktuell Niemanden weiter da alle von der Krise betroffen sind. Konstruktiver wäre es, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.

Unterhaltsschuldner in Verzug setzen

Um Außenstände zu dokumentieren und später noch einzufordern, wenn sich die finanzielle Lange entspannt hat, sollte der Unterhaltsschuldner schriftlich in Verzug gesetzt werden. Dabei ist die Schriftform der Mahnung wichtig, ebenso, dass Zeitraum und Höhe des Verzuges genau begründet sind.

Betreuungskosten in der Corona-Krise

Entstehen dem betreuenden Elternteil aufgrund der Corona Situation zusätzliche Kosten – beispielsweise für die Betreuung des Kindes, weil Kindergarten oder Schule geschlossen haben – und die Erwerbstätigkeit nicht zuhause ausgeübt werden kann, muss sich der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht an den Kosten beteiligen. Die Inanspruchnahme eines Babysitters oder anderweitiger kostenpflichtiger Kinderbetreuung begründet keinen Anspruch auf einen sog. Sonderbedarf. Der betreuende Elternteil muss grundsätzlich alleine für die Betreuungskosten für das Kind aufkommen. Dabei handelt es sich um berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils, die das Einkommen verringern. Analog dazu würde der Betreuungsunterhalt steigen – sofern ein Anspruch besteht. Entfällt der Anspruch auf Betreuungsunterhalt, kann der betreuende Elternteil alternativ auf Sozialleistungen wie Kinderzuschlag (bis zu 185 Euro monatlich je Kind), Wohngeld oder Hartz IV angewiesen sein.

Verdienstausfall wegen geschlossener Schule oder Kindergarten

Bleiben Elternteile zu Hause, weil aufgrund geschlossenem Kindergarten oder Schule von Kindern bis 12 Jahren keine Betreuung möglich ist, z.B. durch den anderen Elternteil oder Notbetreuung in der bisherigen Einrichtung (Großeltern müssen nicht zur Betreuung herangezogen werden, da sie der Risikogruppe angehören), übernimmt der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung für diesen Verdienstausfall. Diese Entschädigung ist

  • kann für 6 Wochen gezahlt werden
  • beträgt 67% des Nettoeinkommens
  • ist auf 2.016 Euro monatlich begrenzt

Schulferien sind von dieser Regelung nicht umfasst, da die Einrichtungen ohnehin geschlossen wären.

Diese Lohnfortzahlung kann sich der Arbeitgeber bei der zuständigen Landesbehörde auf Antrag erstatten lassen.

Unterhaltspflichtige stimmt zusätzlicher Betreuung zu

Stimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil dagegen einer kostenpflichtigen Betreuung des Kindes, z.B. Babysitter oder Tagesmutter etc. zu, muss er sich auch anteilsmäßig an den Kosten beteiligen.

Betreuungsunterhalt, Trennungsunterhalt, Elternunterhalt & Co.

Unterhaltspflichten entstehen nicht nur gegenüber Kindern. Auch Betreuungsunterhalt für einen betreuenden Elternteil eines Kindes bis zum dritten Lebensjahr, Trennungsunterhalt für einen Ehegatten oder auch Unterhaltsansprüche von Eltern gegenüber ihren Kindern sind natürlich möglich.

Für all diese Unterhaltsansprüche ist ebenfalls der Selbstbehalt maßgeblich. Sind jedoch unterhaltspflichtige Kinder vorhanden, werden diese Unterhaltsansprüche aufgrund der Rangordnung und des zustehenden Eigenbedarfs kaum bedienbar sein.

Fehlende gerichtliche Entscheidungen

In der Summe bleibt aber zu sagen, dass es an gerichtlichen Entscheidungen zu solch einer landesweiten Situation gibt, da es solche massiven Einschränkungen, die darüber hinaus so plötzlich eintraten, in der Bundesrepublik noch nicht gab. Um hier – zumindest halbwegs – auf der sicheren Seite zu sein – unabhängig ob als Unterhaltsschuldner oder -gläubiger, raten wir dazu, sich mit einem Anwalt dazu auszutauschen.

Titelbild: Champion studio/ shutterstock

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